Chiemsee-Politik

Die neue Erbschaftsteuer verletzt das Gerechtigkeitsempfinden

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Von Hannes Koch

07. Nov. 2008 –

Millionäre müssen keine Steuern zahlen. Das ist die Botschaft der Einigung zwischen Union und SPD über die Erbschaftsteuer. Sie passt nicht in die Zeit und verletzt das Gerechtigkeitsempfinden vieler Menschen.

 

Auf Druck der bayerischen CSU hat die große Koalition beschlossen, dass Eigentumswohnungen, Einfamilienhäuser und Villen steuerfrei vererbt werden können – egal, wieviel sie wert sind. Bleibt eine Witwe nach dem Tod ihres Mannes im gemeinsamen Haus wohnen, bezahlt sie null Erbschaftsteuer. Die Kinder des Verstorbenen werden nicht zur Kasse gebeten, wenn sie die vererbte, bis zu 200 Quadratmeter große Wohnung, selbst nutzen.

 

Das ist ein Spezialgesetz für wohlhabende bis reiche Leute, die teure Wohnungen und Häuser in München und an den Ufern der bayerischen Seen besitzen. Kostet die Villa samt Garten und Bootssteg auch drei Millionen Euro – im Erbfall ist sie gratis. Heute werden wenigstens geringe Beträge fällig, und SPD-Finanzminister Peer Steinbrück wollte auch für die Zukunft eine gewisse Besteuerung durchsetzen. Das ist am Widerstand der CSU gescheitert. Parteichef Horst Seehofer argumentierte, man könne einer Witwe nicht zumuten, nach dem Tod ihres Mannes eine Hypothek auf das gemeinsame Haus aufzunehmen, um die Erbschaftsteuer zu bezahlen.

 

Ist dies ein plausibles Argument? Nein. Wer wertvolle Immobilien besitzt, verfügt oft über weiteres Vermögen, aus dem eine angemessene Steuer zu begleichen ist. Ist das nicht der Fall und tatsächlich eine Hypothek notwendig, würde die monatliche Belastung meist nur einige Hundert Euro betragen – Beträge, die durchaus verkraftbar sind. Das gilt erst recht für erwachsene Kinder, die selbst Geld verdienen, obwohl sie Mamas Haus weiter bewohnen. In Zeiten der Gerechtigkeitsdebatte setzt der Steuerkompromiss ein grundsätzlich falsches Signal - wenngleich an anderen Stellen, etwa bei der neuen, realistischen Bewertung von Immobilien Verbesserungen erzielt wurden.

 

Als neuer Ministerpräsident von Bayern und Chef der CSU brauchte Horst Seehofer einen Erfolg. Langfristig dient dieser Sieg den Interessen der CSU freilich nicht. Die Partei stellt sich auf die Seite des ökonomischen Egoismus. Sie betreibt Klientelpolitik zugunsten der Reichen und Wohlhabenden. Einmal mehr verabschiedet sich die CSU von einer integrativen Rolle als Volkspartei. Sie hat den Verlust der 50-Prozent-Mehrheit bei der vergangenen Landtagswahl verdient.

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