Das Auto vom Nachbarn mieten

Die Zahl der Nutzer beim privaten Ausleihen von Pkw steigt. Vorteil: günstig und praktisch. Nachteil: Oft zu wenige Angebote

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Von Hannes Koch

10. Feb. 2014 –

Die meisten Pkw parken den größten Teil des Tages ungenutzt am Straßenrand. Diese Wahrnehmung ist der Ausgangspunkt des nachbarschaftlichen Carsharings. Die Idee, dass mehrere Nutzer sich die Verwendung eines vorhandenen Fahrzeugs teilen, findet zunehmend Anhänger. Über 10.000 Autos stehen bundesweit bereits zur Verfügung, in Ballungsräumen jeweils mehrere hundert.

 

Vier Anbieter (siehe Kasten) helfen privaten Autoverleihern und Leihern zueinanderzufinden. Es handelt sich um eine Mischung aus gewinnorientiertem Geschäftsmodell und nachbarschaftlicher Kooperation.

 

In Essen beispielsweise bieten über die Seite der Firma Nachbarschaftsauto sechs Pkw-Besitzer ihre Wagen zur Mitnutzung an. Stunden- oder tageweise kann man einen kleinen Opel Corsa, Citroen Saxo, einen BMW 316 oder auch ein Mercedes-SLK-Cabriolet mieten. In den Nachbarstädten Mühlheim, Bochum, Gelsenkirchen und Dormund sind ebenfalls Fahrzeuge angemeldet.

 

Idealtypisch funktioniert das private Carsharing so: Wer ein Auto besitzt, verleiht es zeitweise. Wer eines leihen möchte, geht nicht zur Autovermietung oder zur professionellen Carsharingfirma, sondern schaut sich bei seinen Nachbarn und Mitbürgern um. Den Kontakt zwischen Verleihern und Leihern stellen Internetseiten wie Nachbarschaftsauto, Tamyca oder Autonetzer her.

 

Die Leihgebühr legen die Eigentümer der Fahrzeuge selbst fest. Einen Kleinwagen bekommt man schon für beispielsweise 18 Euro pro Tag. Gepflegte Oldtimer oder neue Sportwagen können aber auch 400 Euro täglich kosten. Stundenweise Miete ist grundsätzlich ebenfalls möglich. Das Benzin bezahlen die Ausleiher. Die Vermittlungsfirmen finanzieren ihre Tätigkeit unter anderem, indem sie Provisionen (zum Beispiel 15 Prozent) vom Verleiher einbehalten.

 

Hinzu kommt die Versicherungsgebühr, die bei wenigen Euro beginnt. Das Prinzip: Die Wagen sind während der Ausleihzeit zusätzlich vollkasko und haftplichtversichert. Verursacht der Ausleiher einen Schaden, deckt diesen die spezielle Versicherung ab, ohne dass der normale Schutz des Halters berührt wird. Deshalb sinkt auch nach einem Schaden der Versicherungsrabatt des Fahrzeugbeistzers nicht. „Die Autos sind doppelt versichert“, erklärt Christian Piepenbrock von Nachbarschaftsauto.

 

Aus der Sicht der Vermieter besteht ein wesentlicher Vorteil darin, dass ihr Wagen einen gewissen Beitrag zu seinen Unterhaltskosten erwirtschaftet. Außerdem mag man privates Autoteilen als ökologisch bezeichnen, weil ein vorhandenes Verkehrsmittel besser ausgelastet und kein zusätzliches gekauft wird.

 

Aus der Leihperspektive spielt der teilweise günstige Preis eine Rolle. Außerdem kann es praktisch sein, das Auto zu nehmen, das direkt vor dem Nachbarhaus oder um die Ecke parkt. Wer stattdessen einen professionellen Carsharing-Wagen bucht, legt mit dem Smartphone in der Hand nicht selten gewisse Wege zurück, bis man ein freies Fahrzeug gefunden hat. Auch die Autovermietung hat ihren Parkplatz in der Regel nicht in der Nachbarschaft.

 

Als möglicher Nachteil des privaten Cahrsharings fällt die oft geringe Zahl der angebotenen Fahrzeuge ins Gewicht. Dann muss man doch längere Wege bewältigen, bis die Autofahrt starten kann. Nur in Großstädten ist das bislang anders. In den zentralen Wohnvierteln Berlins oder Hamburgs beispielsweise bestehen gute Chancen, in der Nachbarstraße einen Wagen abholen zu können.

 

Der zunehmende Erfolg des organisierten Privatverleihs hat vor einiger Zeit Neider auf den Plan gerufen. Der Bundesverband der Autovermieter legte Rechtsmittel gegen Autonetzer ein. Der Vorwurf: Die nachbarschaftlichen Autoverleiher bräuchten eine spezielle Zulassung für ihre Fahrzeuge, die sie nicht hätten. Der Ausgang des Verfahrens ist offen.

 

Info-Kasten

Die Anbieter

www.tamyca.de

Tamyca („take my car“) sitzt in der Nähe von Aachen und bietet nach eigenen Angaben etwa 4.500 Fahrzeuge bundesweit. Die Firma kooperiert mit Opel Rent.

www.nachbarschaftsauto.de residiert in Berlin und bietet zwischen 2.000 und 3.000 private Wagen.

www.autonetzer.de aus Stuttgart koordiniert nach Informationen der Firma rund 4.500 Fahrzeuge. Es existiert eine Kooperation mit Daimler.

www.rent-n-roll.de hat seine Zentrale in Hamburg.

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