Das Klima ändert sich
Warum erscheint das Problem der globalen Erwärmung nicht mehr so drängend?
03. Dez. 2012 –
Weit weg ist die Klimakonferenz von Doha - nicht nur geografisch, sondern auch politisch. Um über die Reduzierung des klimaschädlichen Kohlendioxid-Ausstoßes zu verhandeln, reist zwar auch Bundesumweltminister Peter Altmaier in die Stadt am Persischen Golf. Doch große Hoffnungen hat er nicht. Denn der internationale Klimaschutz steckt in der Sackgasse – es fehlen politische Fortschritte und praktische Erfolge. Warum mangelt es der Klimapolitik heute an Energie, nachdem sie zwei Jahrzehnte ein treibendes Element der globalen Kooperation darstellte?
Antwort 1: Klimaschutz kostet Geld und Anstrengung
Trotz jahrelanger Verhandlungen und Dutzender Konferenzen steigen die weltweiten CO2-Emissionen weiter an. Dieser Trend ist ungebrochen. Er ist eine Folge des herrschenden Wachstumsmodells, das die meisten Staaten auf ähnliche Art praktizieren. Eine gute Entwicklung wird dabei gleichgesetzt mit höherer Produktion und zunehmendem Konsum. Klimaschutz kann aber dazu führen, dass Regierungen und Bürger auf einen Teil des unmittelbaren Verbrauchs verzichten müssen. Ein Beispiel: Der Ausbau der klimafreundlichen erneuerbaren Energien in Deutschland lässt die Strompreise steigen. Dieses Geld fehlt für den Kauf anderer Produkte. Den Deutschen, Chinesen, Indern und Brasilianern fällt auf, dass Klimaschutz nicht kostenlos ist. Viele Bürger und Politiker aber sind zu Verzicht nicht bereit.
Antwort 2: Das alte Modell ist schizophren, aber attraktiv
Trotz aller Beschwörungen und Appelle lässt sich das klimaschädliche, auf dem Verbrauch von Kohle, Erdöl und Erdgas basierende Wachstumsmodell nur schwer umbauen. Es bietet einfach zu viele unmittelbare Vorteile. Hunderte Millionen Menschen in Entwicklungs- und Schwellenländern freuen sich darauf, bald auch ein Auto fahren und eine größere Wohnung mit funktionierender Heizung oder Klimaanlage bewohnen zu können. Und die Vorhersagen über das baldige Ende der preiswerten Ölversorgung sind zumindest mit Vorsicht zu betrachten. Denn beispielsweise in Nordamerika ist ein neuer Öl- und Gasboom im Gange, der das alte Modell wieder ein paar Jahrzehnte länger am Leben erhalten könnte.
Antwort 3: Die Finanzkrise fördert nationalen Egoismus
Vor der wichtigen, aber erfolglosen Klimakonferenz von Kopenhagen 2009 wurde ein Satz des damaligen italienischen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi sinngemäß so überliefert: „Wieso soll jemand, der eine Lungenentzündung hat, über eine Dauerwelle nachdenken?“ Zwei Jahre zuvor hatte die Finanzkrise zugeschlagen. Die Staaten wollten ihre Banken stabilisieren, nationale Erwägungen traten in den Vordergrund. Die internationale Kooperation für Klimaschutz wurde plötzlich als Luxus-Engagement für eine weit entfernte Zukunft betrachtet. „Die Klimakonferenz von Kopenhagen scheiterte in einer Atmosphäre, die auch durch die Finanzkrise beeinflusst wurde“, sagt Germanwatch-Geschäftsführer Christoph Bals. Für den Misserfolg verantwortlich war zudem der „erstaunlich schnelle geopolitische Aufstieg der BRICS-Staaten“, erklärt Bals. Ein neues Klimaabkommen scheiterte damals auch daran, dass sich die neuen Wirtschaftsmächte Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika nicht einfach in das von den Industrieländern entworfene Szenario einordnen wollten.
Antwort 4: Die politische Debatte dreht sich
Vor 15 Jahren war das Klimathema relativ neu, mit interessanten Forschungsergebnissen errangen die Befürworter des Klimaschutzes die Meinungsführerschaft in der deutschen und internationalen Diskussion. Einige Jahre konnten sie diese bewahren. Dann aber erholten sich die Vertreter des konventionellen Modells. Lobbyinteressen und Geld von Unternehmen, etwa der Mineralölindustrie, spielten ebenfalls eine Rolle. Und einem Teil der politischen Öffentlichkeit wurde das Klimathema langweilig. Auch die Rettung der Welt verliert irgendwann ihren Reiz.