Datenschutz erst nach der Wahl

Arbeitnehmer-Datenschutzgesetz soll Unklarheiten beseitigen / Arbeitgeber wollen keine Veränderung

Teilen!

Von Wolfgang Mulke

16. Feb. 2009 –

Die Datenskandale bei Lidl, der Telekom und der Bahn haben die Politik nun auf Trab gebracht. Arbeitsminister Olaf Scholz und Innenminister Wolfgang Schäuble kündigten nach einem Gipfeltreffen mit Arbeitgebern und Gewerkschaften ein eigenständiges Arbeitnehmer-Datenschutzgesetz an.

„Eine Totalüberwachung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern am Arbeitsplatz darf es genau so wenig geben wie die Durchleuchtung und Selektion von Mitarbeitern“, sagte Scholz am Montag in Berlin. Bis es soweit ist, werden allerdings noch Monate ins Land ziehen. Vor der Wahl im September werde es keinen Entwurf für das Gesetz geben, erläuterte Schäuble und macht die komplizierte Materie dafür verantwortlich.

Bislang werden die Arbeitnehmerrechte vor allem im Bundesdatenschutzgesetz gewahrt. Die Formulierung in der entsprechenden Passage lässt allerdings Verhaltensspielräume für die Unternehmen zu. Deshalb will die Bundesregierung in einem ersten Schritt den Wortlaut ergänzen und den Schutz ausdrücklich auf Beschäftigte erweitern. Zugleich wollen die Experten vom DGB, den Arbeitgeberverbänden sowie den beteiligten Ministerium ein gesondertes Schutzgesetz ausarbeiten. Die Positionen liegen noch weit auseinander. Die Wirtschaft hält die bestehenden Regelungen weitgehend für ausreichend und wollen nur punktuelle Änderungen vornehmen.

Der Gewerkschaftsbund fordert deutlich schärfere Bestimmungen. Der Vorsitzende Michael Sommer verlangt, dass die Überwachung von Beschäftigten generell verboten wird. Auch sollen die Arbeitnehmer nicht mehr durch Video- oder Tonaufnahmen und den Einsatz von Detektiven kontrolliert werden. Die Untersuchungen durch den Betriebsarzt bei der Einstellung soll auf das Notwendigste begrenzt werden. Außerdem spricht sich der DGB für Schmerzensgeldzahlungen an die Angestellten bei Verstößen gegen das Gesetz aus.

Ganz so einfach ist eine vernünftige Neuregelung allerdings nicht, denn die Experten müssen sich über heikle Fragen den Kopf zerbrechen. Was dürfen Arbeitgeber mit den Informationen anstellen, die bei Bewerbungen zusammen kommen? Wie wird mit den von Betriebsärzten gesammelten Daten verfahren? Welchen Status erhalten Fakten, die erhoben werden, weil der Angestellte zugleich Kunde des eigenen Unternehmens ist? Das kann beispielsweise bei Banken oder Handelshäusern der Fall sein. „Das kann kein Schnellschuss sein“, glaubt Schäuble daher.

Auch der Umgang mit privaten E-Mails, die vom Firmencomputer versandt werden, muss geregelt werden. Diesen Fall muss der Innenminister gerade im eigenen Haus lösen. Das für Datensicherheit zuständige Bundesamt will den gesamten Mailverkehr der Bundesregierung durchleuchten, weil Internet-Spione vermehrt die zentralen Regierungsrechner angreifen. Dabei gelangt den Fahndern zwangsläufig auch private elektronische Post in die Hände.

Ein völliges Verbot des Datenabgleichs zwischen verschiedenen Stellen im Unternehmen verlangen auch die Gewerkschaften nicht. Dann würde zum Beispiel die Korruptionsbekämpfung oder das Aufspüren krimineller Mitarbeiter zu stark erschwert. Wenn es insgesamt klare Bestimmungen gibt, sollen Ausnahmeregelungen für die Detektivarbeit erlaubt werden.

« Zurück | Nachrichten »