Dem Strompreis ein Schnippchen schlagen
Alle sollen weniger Elektrizität verbrauchen, propagiert Umweltminister Altmaier
09. Okt. 2012 –
Stromsparen ist oft einfach und rechnet sich sofort. Diese Erfahrung hat Reinhold Hufgard gemacht. Der Fachanleiter der Caritas in Frankfurt am Main gibt sein Wissen regelmäßig weiter an Privatpersonen. In Haushalten, die von staatlichen Sozialzahlungen abhängen, ersetzt Hufgard Glühbirnen durch Energiesparlampen. Und er verschenkt schaltbare Steckerleisten.
Diesen kostenlosen Service bietet der katholische Sozialverband mittlerweile in rund 120 Städten an, beispielsweise in Dortmund, Mannheim, Freiburg, Kassel, München und Dresden. Der Erfolg sei nach kurzer Zeit in Euro messbar, sagt Berater Hufgard. Seine Statistik zeige, dass der durchschnittliche Haushalt pro Jahr 66 Euro Stromkosten alleine durch Lampen und Steckerleisten spare. Während der siebenjährigen Lebensdauer der Geräte summiere sich die Einsparung auf fast 500 Euro. Die Investitionskosten der Caritas sind im Verhältnis dazu mit knapp 50 Euro gering.
Dieses und andere vergleichbare Modelle will Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) nun flächendeckend ausdehnen. Am Dienstag stellte er in Berlin seine Stromspar-Initiative vor. Zwei Zwecke verfolgt der Minister. Einerseits will die Bundesregierung den gesamten Stromverbrauch bis 2020 um zehn Prozent senken. Außerdem sollen die Verbraucher entlastet werden. Altmaier hofft, dass man den steigenden Strompreisen „ein Schnippchen schlagen“ kann.
Als „ehrgeiziges Ziel“ gab Altmaier aus, bis 2020 „allen Haushalten“ in Deutschland eine Energieberatung angedeihen zu lassen. Soll das funktionieren, müssten die Berater insgesamt rund 35 Millionen Haushalte besuchen, etwa fünf Millionen pro Jahr. Diese Zahl lässt das Ziel des Ministers unrealistisch erscheinen.
Bislang hätten erst zehn Prozent der Familien eine solche Beratung erhalten, sagte der Altmaier – rund vier Millionen Wohnungen. Zwei Drittel davon seien „einkommensschwache“ Haushalte. Schon im kommenden Jahr will der Minister erreichen, dass sich die Zahl der Besuche verdoppelt. „Wir müssen einige hunderttausend Haushalte pro Jahr erreichen“, so Altmaier.
Energieberater Hufgard hält es aber für möglich, die Zahl der Beratungen stark zu steigern. Im Jahr 2008 habe es erst eine Beratungsstelle der Caritas in Frankfurt gegeben. Mittlerweile sei das Angebot in fast alle Bundesländer ausgedehnt worden. Den Service finanzieren unter anderem das Bundesumweltministerium, die Bundesagentur für Arbeit und die Kommunen, in denen die Beratungsstellen sitzen.
Zwar plädierte Altmaier dafür, die Beratung „quantitativ und qualitativ zu verbessern“. Woher die zusätzlichen Finanzmittel kommen sollen, wollte er allerdings nicht verraten. Diese Frage dürfte umso relevanter werden, als der Minister auch prüfen lässt, zumindest einkommensschwachen Haushalten zusätzliche Stromsparhilfen zu bezahlen.
Ulrich Schneider, der Chef des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes, kritisierte Altmaier: „Es wäre naiv, die wachsende Armut durch steigende Energiepreise allein mit Beratungsangeboten lösen zu wollen.“ Schneider spielte unter anderem an auf die demnächst zunehmenden Kosten durch die teurere Förderung von Ökoenergie. Diese wird Durchschnittshaushalte mit bis zu 50 Euro jährlich zusätzlich belasten. Wie die Erfahrungen von Energieberater Hufgard zeigen, lassen sich derartige Zusatzkosten jedoch durchaus mit Sparmaßnahmen im Haushalt kompensieren.
Info-Kasten
Wo gibt es Energieberatung?
In rund 120 Städten bundesweit betreibt unter anderem die Caritas den Stromspar-Check. Auf der Internetseite www.stromspar-check.de findet sich die Liste der Standorte. Aktiv sind auch die Verbraucherzentralen der Bundesländer. Die Ansprechpartner stehen auf der Seite
www.verbraucherzentrale-energieberatung.de. Zudem bieten viele kommunale Stadtwerke und kommerzielle Energieversorger Beratungen an. Wer Wohnungen und Häuser renovieren oder bauen will, wendet sich am besten an Architekten, die gleichzeitig als Energieberater qualifiziert sind.