Den Bären einen Dienst erweisen

Die beiden lebenden Exemplare des Berliner Wappentieres sollen umziehen

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Von Hannes Koch

23. Nov. 2012 –

Berlin wächst und leuchtet, besonders im Zentrum, am Bundestag und den schicken Hotels. Aber eigentlich ist die Hauptstadt arm. So arm, dass der Bezirk Mitte diskutiert, ob er sich die lebenden Exemplare des Berliner Wappentiers noch leisten will.


Groß ist der Andrang nicht am Bärenzwinger auf dem Gebiet der mittelalterlichen Siedlung Cölln, 15 Gehminuten vom Alexanderplatz entfernt. Dort leben Schnute (Jahrgang 1981) und Maxi (1986), zwei europäische Braunbären, die es in freier Wildbahn kaum noch gibt. Oft haben die beiden ihre Ruhe. Manchmal kommen Schulklassen, hin und wieder einige Touristen. Denen aber kann es passieren, dass sie die Bären gar nicht zu Gesicht bekommen. Jetzt, im November beispielsweise, ist Winterruhe angesagt. Da bleiben Maxi und Schnute lieber drinnen und verschmähen ihr zugiges Freigehege.


Dass sich die Attraktivität des kleinen Bären-Zoos zwischen hohen Gebäuden in Grenzen hält, fällt derzeit aber vor allem deshalb auf, weil der Bezirk Mitte – einer der zwölf Berliner Groß-Stadtteile – seinen Haushalt für 2013 aufstellen muss. 92.000 Euro kosten die beiden domestizierten Raubtiere pro Jahr. Sie brauchen Futter, Heizung, Strom und zwei Pflegerinnen. „Das Geld fehlt bei Kitas oder Schwimmbädern“, schimpft Claudia Hämmerling, eine grüne Volksvertreterin im Landesparlament. Ihre Fraktion ist im Stadtteilparlament zusammen mit der SPD in der Mehrheit.


Zudem, so kritisieren Tierschützer vom „Berliner Bärenbündnis“, würden die lebenden Exemplare des 1280 erstmals erwähnten Wappentieres nicht artgerecht gehalten. Die Zwinger sei zu klein. Um dieser Meinung Nachdruck zu verleihen, besetzten kürzlich als Bären verkleidete Protestler das Dach des Geheges und verlangten: „Freiheit für Schnute und Maxi!“. Die Feuerwehr holte sie herunter, der Bezirk erstattete Anzeige. Damit hatten die kostümierten Aktivisten ihr Ziel erreicht: Das Thema ist in aller Munde.


Unter diesen Vorzeichen will sich nun das Stadtteilparlament mit dem heiklen Problem befassen. Zu klären ist unter anderem: Würde man den nicht mehr ganz jungen Bärendamen überhaupt einen Dienst erweisen, wenn man sie umziehen ließe? Schließlich kennen sie bisher nichts anderes, als ihre gewohnte Umgebung mitten in der Hauptstadt, inklusive Verkehrslärm, Öko-Demos und Silvesterknallerei. Wie dem auch sein - ein Wildpark in Brandenburg hat sich bereit erklärt, die Wappentiere aufzunehmen, falls sie exiliert werden sollten.

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