Der Fehdehandschuh bleibt liegen

Ein Währungskrieg mit Japan findet vorläufig nicht statt

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Von Hannes Koch

11. Feb. 2013 –

Er klingt ganz fürchterlich - der Begriff vom „Währungskrieg“. Dabei handelt es sich um eine gänzlich unblutige Angelegenheit. Auch aus einem zweiten Grund ist das martialische Wort unangebracht: Die Auseinandersetzung fällt – zumindest vorläufig – aus. Denn die US-Notenbank Federal Reserve und die Europäische Zentralbank lassen den aus Japan hingeworfenen Fehdehandschuh einstweilen liegen. Entspannende Äußerungen wie die von EZB-Direktoriumsmitglied Jörg Asmussen deuteten am Montag erneut in diese Richtung.


Vorteile auf Kosten anderer

Über einen Krieg der Währungen sprechen Kommentatoren gerne, wenn wichtige Wirtschaftsnationen den Wechselkurs ihres Geldes politisch manipulieren und damit den Finanzmarkt spürbar beeinflussen. Der Vorteil des einen Landes drückt sich dann häufig in Nachteilen für andere Staaten und ihre Unternehmen aus.


Das japanische Problem

Aktuelles Beispiel: Die neue japanische Regierung möchte die langdauernde Wirtschaftsschwäche im eigenen Land beenden. Unter anderem leidet Japan immer wieder unter Deflation. Das bedeutet: Die Preise sinken, und die Bürger kaufen wenig, weil sie das Auto oder das Smartphone einen Monat später für geringere Summen zu erstehen hoffen. Das Ergebnis: wenig Nachfrage und Wachstum, stockende Investitionen der Unternehmen.


Inflation statt Deflation

Um diesem Kreislauf zu entkommen, beeinflusst die japanische Regierung ihre Notenbank nun dahingehend, dass diese mehr Geld in Umlauf bringt. So sollen die Preise steigen und die Konsumenten zum sofortigen Einkauf animieren. Die Geldmenge lässt sich beispielsweise anheben, indem die Notenbank Staatsanleihen der eigenen Regierung erwirbt, wodurch zwar die Staatsverschuldung zunimmt, die Ministerien aber auch mehr Geld für Ausgaben zur Verfügung haben. Außerdem erhalten etwa Geschäftsbanken von der Zentralbank Kredite zu geringeren Kosten. Das Ergebnis: Die Geschäftsbanken vergeben eher Darlehen an Bürger und Betriebe – Nachfrage und Wachstum nehmen zu.


Sinkende Exportpreise

Das alles ist noch kein Währungskrieg. Die Floskel erhält erst Bedeutung beim Blick auf den Kurs der japanischen Währung Yen im Verhältnis beispielsweise zum Euro. Jener sinkt, wenn in Japan statt Deflation eine leichte Inflation herrscht und die Preise steigen. Damit werden Toyotas auf dem Weltmarkt billiger, BMWs und Volkswagen im Verhältnis dazu hingegen teurer. Japan exportiert deshalb möglicherweise mehr, Europa weniger. Die Geldpolitik kann so zu wirtschaftlichen Vorteilen für Japan und zu potenziellen Nachteilen in Europa führen.


Europäische Gegenwehr

Das ist der Grund, warum Frankreichs Staatspräsident Francois Hollande die EZB nun auffordert, etwas gegen Japan zu unternehmen. So könnte die Europäische Zentralbank ebenfalls ihr Inflationsziel anheben und mehr Geld in Umlauf bringen. Derartiges verlangt die französische Regierung nicht zum ersten Mal. Aber gerade passt das Plädoyer für einen weicheren Euro besonders gut. Denn das französische Wirtschaftswachstum ist schwach, ein Konzern wie PSA (Peugeot, Citroen) verkauft viel weniger Fahrzeuge als früher. Sänke der Kurs des Euro im Verhältnis zum Yen, könnte das helfen. Mit dem Abflauen der Eurokrise ist jedoch das Gegenteil der Fall: Der Kurs der europäischen Währung steigt. War Mitte 2012 ein Euro knapp 100 Yen wert, sind es nun 124 Yen. Japaner müssen für einen Peugeot mehr Geld ausgeben, falls sie überhaupt einen haben wollen - schlecht für Frankreich.


Die EZB bleibt locker

Die Notenbank unter Führung Mario Draghis will sich jedoch nicht zum Instrument der französischen Politik machen lassen. Draghi bezeichnete die Euro-Aufwertung Ende vergangener Woche zwar als problematisch, worauf der Kurs geringfügig sank. Zu mehr ist er aber nicht bereit. Die grundsätzliche Linie beschrieb das deutsche EZB-Direktoriumsmitglied Jörg Asmussen am Montag so: „Wir haben kein Wechselkursziel, Wechselkurse sollen marktbasiert sein.“ Das bedeutet: Die Notenbank wird den Euro nicht durch politische Geldvermehrung auf Talfahrt schicken. Die US-amerikanische Notenbank Federal Reserve verhält sich augenblicklich ähnlich.


Stabilität des Euro

Draghi orientiert sich damit am Ziel der Wertstabilität des Euro, dem wichtigsten Leitstern der EZB. Der Präsident weiß, dass er mit dem Programm zum Kauf von Staatsanleihen bedrohter Eurostaaten und dem Billionen-Programm zugunsten der Geschäftsbanken schon genug Geld in Verkehr gebracht hat. Seine Politik muss zudem den Durchschnitt der Interessen der Euromitglieder bilden. So hat die Deutsche Bundesbank traditionell kein Interesse an höherer Inflation. Und die konkurrenzfähige deutsche Exportindustrie kann mit dem Eurokurs gegenwärtig gut leben.


Bessere Koordination?

Bleibt die Frage, warum die wichtigsten Wirtschaftsnationen Wechselkursmanipulationen zum gegenseitigen Schaden nicht ausschließen. Einerseits sind die Austauschverhältnisse der großen Währungen wie US-Dollar, Euro, Yen, britisches Pfund, chinesischer Renmimbi, brasilianischer Real nicht vollständig der Gewalt der Marktkräfte überlassen. Die Notenbanken verständigen sich regelmäßig. Doch der Wille zur Koordination geht nicht so weit, dass für bestimmte Zeiträume stabile Wechselkurse festgelegt würden. Dazu sind die jeweiligen Eigeninteressen zu stark. China beispielsweise hält seine Währung künstlich unterbewertet, um mittels des Exports höhere Einnahmen für die innere Entwicklung zu erwirtschaften. Wenn Japan nun einen ähnlichen Weg geht, können sich Brasilien und Südkorea beschweren, wie sie wollen, es nützt nichts.

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