Der Höhepunkt des Wohlstands ist in Sicht

Ab etwa 2030 werden die Industriestaaten wirtschaftlich nicht mehr wachsen, schreibt der Club of Rome

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Von Hannes Koch

07. Mai. 2012 –

Bereits in wenigen Jahren müssen Industrieländer wie Deutschland im wesentlichen ohne Wirtschaftswachstum auskommen. Das ist eine zentrale Aussage des neuen Berichts des Club of Rome, den das internationale Wissenschaftler-Gremium am Montag unter dem Titel „2052 – eine globale Vorausschau“ veröffentlichte. Ab etwa 2030 könnte das Bruttoinlandsprodukt stagnieren.  

Bekannt wurde der Club of Rome durch seinen mittlerweile berühmten Bericht „Die Grenzen des Wachstums“ von 1972. Die damalige, inzwischen falsifizierte These lautete: Weil die natürlichen Bodenschätze schnell zur Neige gingen, bräche die marktwirtschaftliche Expansion der Weltökonomie bald zusammen. In dem nun erschienen Werk versucht Autor Jorgen Randers die alten Thesen auf den Stand der Dinge zu bringen.

Randers zeichnet für den neuen Bericht alleine verantwortlich, teilweise benutzt er die für wissenschaftliche Arbeiten ungewöhnlich Ich-Form. Der 66jährige Autor arbeitet als Professor an der Norwegian Business School in Oslo. Er ist Spezialist für Klimapolitik, saß früher unter anderem im Vorstand des World Wide Fund for Nature (WWF) und ist Nachhaltigkeitsberater für mehrere transnationale Konzerne, darunter Dow Chemical.

Randers Voraussagen klingen ernüchternd für eine Gesellschaft wie die deutsche, die permanentes Wirtschaftswachstum als Garant unablässig steigenden materiellen Wohlstands betrachtet. „Der erstaunlichste Verlierer wird die augenblickliche globale ökonomische Elite sein“, sagte Randers bei der Vorstellung seines Berichts. Zu diesen Ländern zählt er neben den USA die Industriestaaten der Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit (OECD). Deutschland ist nicht einzeln ausgewiesen, sondern wird nur summarisch als Teil der OECD behandelt.

Bis zum Jahr 2030 werde das BIP-Wachstum nur noch 15 Prozent betragen, im Durchschnitt pro Jahr und Land weniger als ein Prozent. Ab 2030 dann geht die absolute Wirtschaftswachskraft zurück. Als Grund nennen Randers und seine Kollegen die Abnahme der Bevölkerungszahl in Ländern wie Deutschland und geringere Produktivitätssteigerungen in „reifen Volkswirtschaften“.  Weil dort technische, soziale und kulturelle Dienstleistungen im Verhältnis zur Produktion zunähmen, sei mit geringeren Innovationssprüngen und weniger Wohlstandszuwachs zu rechnen.

Angesichts der sinkenden Bevölkerungszahl könne zwar, so Randers, die Wirtschaftsleistung pro Kopf der Bevölkerung ab 2030 ungefähr gleich bleiben (etwa 35.000 Dollar pro Person/ 27.000 Euro), allerdings würden Staaten wie Deutschland auch viel mehr Geld in Zukunftsinvestitionen, beispielsweise in klimaschonende Energietechniken, stecken.

Daher stünden unter dem Strich weniger Mittel für den täglichen Verbrauch von Gütern und Dienstleistungen zur Verfügung. Die vielleicht interessanteste Grafik des Berichts zeigt, dass die  Konsum-Kurve in OECD-Ländern ab 2025 sinkt. Die Botschaft: Die gesamte Bevölkerung muss bescheidener leben – wenn es einigermaßen gerecht zugehen soll. Wenn sich weiter wie bisher einzelne Bevölkerungs- und Interessengruppen ein überdimensioniertes Stück aus dem Kuchen herausschneiden, könnte es zu heftigen Konflikten kommen.

China und andere Schwellenländer wie Indien, Brasilien, Indonesien und Südafrika können dagegen ihr Wachstum noch länger aufrechterhalten. 2052 wird China ein ähnliches Pro-Kopf-BIP erreicht haben wie die OECD.

Im Gegensatz zu verbreiteten Annahmen wird die Weltbevölkerung Randers zufolge nur noch auf 8,1 Milliarden Menschen um das Jahr 2040 herum zunehmen und danach sinken. Er begründet das mit schrumpfenden Geburtenraten vor allem in den wachsenden Städten. Beispielsweise das Berlin-Institut für Bevölkerung nimmt dagegen an, dass die Zahl der Menschen auf bis zu elf Milliarden steigen könnte.

Trotz vielfältiger weltweiter Maßnahmen gegen den Klimawandel werde die globale Temperatur bis 2050 um zwei Grad zulegen, heißt es in dem Bericht. Auch danach gehe der Anstieg weiter – auf bis zu 2,8 Grad 2080. Dass die Staatengemeinschaft es nicht hinbekomme, rechtzeitig eine wirksame Politik umzusetzen, führt Randers unter anderem auf die Kurzfrist-Orientierung zurück, die in Demokratien (Wahlen) und Marktwirtschaften (Gewinn) herrsche.

Info-Kasten
Club of Rome 1972
Die These des Berichts „Die Grenzen des Wachstums“ war so einfach wie besorgniserregend. Noch in diesem Jahrhundert werde der Wachstumsprozess, den die Welt für ganz normal halte, zum Stillstand kommen und in eine Schrumpfung übergehen. Infolge der steigenden Ausbeutung würden die Rohstoffvorräte abnehmen und die Preise steigen. In Kombination mit der wachsenden Umweltverschmutzung führe dieser Prozess dazu, dass die Nahrungsmittel- und Industrieproduktion nicht mehr zulege, sondern abnehme. Im jetzt vorliegenden aktuellen Bericht bleibt die Diagnose vom abnehmenden Wachstum mehr oder weniger dieselbe, es werden aber andere Ursachen genannt.

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