Der Kampf gegen die Klemme

Die wichtigsten Fragen und Antworten zur Kreditklemme

Teilen!

Von Wolfgang Mulke

02. Dez. 2009 –

Wann gibt es eine Kreditklemme?

 

Wenn die Wirtschaft ihre Investitionen nicht mehr ausreichend über Darlehen finanzieren kann, sprechen Fachleute von einer Kreditklemme. Es ist umstritten, ob diese Situation in Deutschland bereits eingetreten ist. Denn Banken und Sparkassen reichen weiterhin Kredite aus. Allerdings haben sich die Konditionen deutlich verschlechtert. Die Unternehmen müssen daher hohe Zinsen bezahlen. Auch bewerten die Banken die Zahlungsfähigkeit der Firmen strenger. Dies führt ebenfalls zu höheren Zinsen und häufiger als früher zur Ablehnung von Kreditanträgen.

 

Stimmen die Vorwürfe, die Banken seien zu knauserig?

 

Unternehmen stellen auf breiter Front fest, dass ihnen der Geldhahn immer häufiger abgedreht wird. Knapp 43 Prozent der vom Münchner Ifo-Institut befragten Betriebe beklagten im November eine große Zurückhaltung der Geldinstitute. Industrieunternehmen haben es danach noch schwerer, einen Kredit zu bekommen. Mehr als jede zweite Firma beurteilt die Vergabepraxis als überaus streng. Auch die Zahlen der Bundesbank deuten auf knappes Geld hin. Im dritten Quartal ging die Summe der ausgeliehenen Beträge erstmals seit Krisenbeginn zurück. Diese Entwicklung könnte jedoch auch eine andere Ursache haben. Denn wenn die Wirtschaft schlecht läuft, nehmen normalerweise auch weniger Firmen ein Darlehen auf.

 

Welche Folgen hat es, wenn sich die Wirtschaft zu wenig Geld leihen kann?

 

Es ist die wichtigste Aufgabe der Banken, Unternehmen und Privathaushalte mit Bargeld und mit Krediten zu versorgen. Klappt dies nicht, hat die Wirtschaft ein gewaltiges Problem. Neue Aufträge können nicht vorfinanziert, Maschinen und andere Anlagegüter nicht gekauft werden. Ein beginnender Aufschwung erstickt dann schon im Keime.

 

Könnten die Banken und Sparkassen einfach mehr Kredite vergeben?

 

So einfach ist es leider nicht. Auf einen wichtigen Teil des Problems haben die Banken derzeit keinen Einfluss. Ihre Eigenkapitaldecke ist zu dünn. Von diesem Wert hängt ab, wie viel die Institute ausleihen dürfen. Grund dafür sind frühere Versäumnisse, die Folgen der Finanzkrise und verschärfte Regelungen für die Kreditmärkte. Je riskanter ein Darlehen ist, desto mehr Eigenkapital müssen die Banken dafür hinterlegen. Da es den Unternehmen in Krisenzeiten naturgemäß schlechter geht, sinkt ihre Zahlungsfähigkeit statistisch betrachtet auf breiter Front. Selbst wenn sich beim Kunden gar nichts geändert hat, muss die Bank für einen Kredit an ihn mehr Eigenkapital vorweisen. Doch die Institute tragen auch selbst zur Verknappung der Ausleihungen bei. Sie können sich bei der Europäischen Zentralbank selbst fast kostenlos Geld leihen. Statt dieses aber an die Kunden weiterzugeben, horten die Banken das Geld lieber oder legen es auf dem Kapitalmarkt an. Beides zusammen ergibt die Gefahr einer bedrohlichen Kreditklemme.

 

Kümmern sich die Banken um die Sorgen der Wirtschaft?

 

Zumindest die Sparkassen und die Commerzbank wollen nun mehr Kredite vergeben. Das kündigten beide Seiten kurz vor dem Krisengipfel im Kanzleramt an. Die Commerzbank will bis zu fünf Milliarden Euro mehr für Mittelstandsfirmen  herausrücken. Die Sparkassen gründen einen gemeinsamen Fonds, an den einzelne Institute Kredite verkaufen können. Damit erhalten diese wieder Spielraum für die Vergabe neuer Darlehen.

 

Wie kann die Bundesregierung mehr Geld in die Wirtschaft bringen?

 

Mehrere Modelle kommen in Frage. So könnte der Bund Garantien für Bankkredite an den Mittelstand übernehmen, also als Bürge auftreten. Dann müssten die Banken für diese Darlehen kein Eigenkapital aufbringen und könnten mit diesem weitere Kreditvergaben unterlegen. Im Gespräch ist auch der Aufkauf von Krediten durch die bundeseigene Bank KfW. Auch dies würde die Banken entlasten, so dass sie anderweitig Geld ausleihen könnten. Überdies wurden mit dem Deutschlandsfonds bereits verschiedene Programme aufgelegt, damit sich die Wirtschaft leichter finanzieren kann.

 

Kann ein Vermittler zwischen Unternehmen und Banken tatsächlich helfen?

 

Frankreich und Italien haben mit so genannten Kreditmediatoren gute Erfahrungen gemacht. Nun richtet auch die Bundesregierung eine Schlichtungsstelle für den Mittelstand ein. Es wird allerdings noch bis zum März nächsten Jahres dauern, bis die in Frankfurt ansässige Einrichtung tätig werden kann. Der Chef, Hans-Joachim Metternich, bringt Erfahrung mit. Der 66-jährige Bankmanager kommt von der Investitions- und Strukturbank in Rheinland Pfalz. Der Schlichter soll Beschwerden des Mittelstands über die Banken nachgehen und zwischen beiden Seiten vermitteln.

 

 

 

 

« Zurück | Nachrichten »