Der neue Lichtstandard

Energiesparende und langlebige Leuchtdioden könnten langfristig die Glühbirnen ersetzen

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Von Hannes Koch

29. Aug. 2012 –

Über der Fabrik weht noch immer die Piratenfahne mit dem Totenkopf und den gekreuzten Knochen. Ein Witz, eine Provokation und ein Hinweis darauf, dass die Firma Zweibrüder die Branche der Lichthersteller jahrelang mit Produkten durcheinanderbrachte, die etablierte Hersteller für bedrohlich hielten. Mit rund 1.000 Mitarbeitern weltweit entwickelt und produziert das Unternehmen aus Solingen extrem starke und helle Taschenlampen auf LED-Basis.

Erfolg und Gewinn waren so groß, dass die Gebrüder Rainer und Harald Opolka die meisten Anteile am Unternehmen mittlerweile teuer verkaufen haben. Denn die LED-Technologie, für die sie früher  belächelt wurden, hat das Zeug, in den kommenden Jahrzehnten zum technischen Standard unter anderem in Privathaushalten zu werden, vermutet Energieexperte Michael Koswig von der Stiftung Warentest in Berlin.

Ab Samstag, den 1. September, erfolgt ein zusätzlicher Schub: Glühbirnen mit einer Leistung von mehr als zehn Watt und bestimmte Halogenglühlampen dürfen in der EU nicht mehr in den Handel gebracht werden. Der Grund: Europa soll Energie sparen und das Klima schützen.

Was verbirgt sich hinter der Abkürzung „LED“? Bei den „Licht emittierenden Dioden“ wird die optische Strahlung nicht durch einen Glühdraht erzeugt, sondern durch Elektronen, die auf einer dünnen kristallinen Oberfläche zirkulieren. Die neuen Lichtquellen vereinen mehrere Vorteile: Sie leuchten viel heller als Glühbirnen, verbrauchen weniger Strom selbst als Energiesparlampen und sind kaum zerstörbar. Die Siftung Warentest urteilt: „Keine anderen Lampen leuchten mit so wenig Energie so hell und ausdauernd wie LED-Lampen.“

Wer heute ins Geschäft geht, um Glüh-, Halogen- oder Energiesparlampen durch LEDs zu ersetzen, trifft allerdings auf ein Hindernis. Manche der neuen Exemplare kosten 40 Euro pro Stück. Kaum ein empfehlenswertes Produkt ist unter zehn Euro zu bekommen – stolze Preise für die gewohnte Helligkeit, möchte man meinen.

In vielen Fällen lohnen sich die neuen Strahler trotzdem. Im Vergleich zu den alten Glühbirnen und herkömmlichen Halogenlampen amortisieren sie sich innerhalb weniger Jahre, wenn man den geringen Stromverbrauch gegenrechnet. Denn gegenüber traditionellen Lichtquellen verbrauchen die LEDs 80 bis 90 Prozent weniger Energie.

Schlechter fällt die Rechnung im Vergleich mit Energiesparlampen aus. Selbst hier steigern die LEDs die Energieausbeute zwar oft um die Hälfte. Weil aber viele Energiesparlampen deutlich billiger sind, rechnet sich der Anschaffungspreis der LED unter dem Strich noch nicht. Bald könnte sich das jedoch ändern: Mit zunehmender Verbreitung sinken die Verkaufspreise der Dioden-Strahler. Diese haben gegenüber Energiesparlampen auf jeden Fall einen Vorteil: Sie enthalten kein giftiges Quecksilber, das die Gesundheit schädigen könnte.

Was die Lichtqualität betrifft, können manche Leuchtdioden-Lampen inzwischen mithalten. Dank neuer Beschichtungen mit speziellen gelblichen Leuchtstoffen ist das Licht angenehm und warm. Auch die Farbwiedergabe reicht jetzt mitunter an die Qualität der alten Glühbirnen heran. Rote Gegenstände im Raum sehen dann wirklich rot aus - und nicht irgendwie gräulich, wie Nutzer neuer Lampen immer wieder beklagen.  

Sicher ist, dass LEDs mehr Möglichkeiten bieten als die traditionellen Lichtquellen. Wegen ihrer geringen Ausmaße kann man sie schon heute besser in Möbel, Wände und Gebrauchsgegenstände integrieren. Künftig wird es in den Wohnungen Oberflächen geben, die aus dem Inneren leuchten – oder Lampen, die mit scharfem, fokussierten Strahl einzelne Punkte hervorheben. „Wir erleben eine Bereicherung der lichtarchitektonischen Möglichkeiten“, sagt Warentester Koswig.

Den Verbrauchern gibt er den Rat: Keine Glühbirnen hamstern. Die alten Lichtquellen gäbe es auch künftig noch zu kaufen – mindestens im Internet. Dies sei ausreichend, um Glühbirnen-Ersatz für die Stellen im Haus zu beschaffen, wo man sie weiterhin sinnvoll nutze – etwa im Keller. Bei nur wenigen Minuten täglicher Brenndauer lohne sich eine teuere LED nicht, weder preislich noch energetisch, sagt Koswig.

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