Der Schwarzmarkt gewinnt

Angeblich wächst das illegale Angebot

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Von Björn Hartmann

24. Feb. 2024 –

Etwas mehr als ein Jahr ist die Gemeinsame Glücksspielbehörde der Länder voll im Einsatz. So richtig rund läuft die Arbeit aber nicht. Die legalen Onlinewettanbieter beklagen sinkende Umsätze – und vermuten, dass der Schwarzmarkt kräftig wächst. Den sollte die Behörde bekämpfen. Was ist los bei den obersten Kontrolleuren?

2021 haben sich die Bundesländer nach jahrelangem Hickhack darauf geeinigt, den deutschen Markt für Onlinewetten zu öffnen. Sie schufen die Gemeinsame Glücksspielbehörde (GGL), die sich jegliche Glücksspiele im Internet kümmert – außer um Online-Roulette, was weiter unter der Hoheit der einzelnen Bundesländer liegt. Die GGL mit Sitz in Halle/Saale vergibt auf Antrag Lizenzen für legales Online-Glücksspiel und bekämpft Anbieter, die Zocker illegal auf ihre Seiten locken.

Die Idee ist einfach: Gibt es ein legales, kontrolliertes Angebot, lassen sich Spieler gut davor schützen, zu viel Geld auszugeben. Man muss sich anmelden, es gibt eine zentrale Datei, die verhindert, das ein Spieler mehr als 1000 Euro im Monat setzt. Eine weitere Datei verhindert, dass jemand mehrere Glücksspiele parallel spielt. Gleichzeitig soll der Schwarzmarkt unattraktiv werden. Doch tatsächlich läuft es anders, zumindest aus Sicht der Online-Sportwettenanbieter.

Im vergangenen Jahr hatte der Branchenverband DSWV die neue Behörde noch euphorisch begrüßt. Und auch jetzt lobt er die GGL – zumindest ein bisschen. Allerdings laufen die Geschäfte nicht wie erwartet, was aus Sicht des Verbandes auch an der GGL liegt. Sportwetten sind vor virtuellen Automatenspielen das größte Onlinesegment. Und im vergangenen Jahr setzten Spieler 7,7 Milliarden Euro bei den legalen Anbietern in Deutschland, sechs Prozent weniger als im Jahr zuvor und sogar 18 Prozent weniger als 2021.

„Es sei ein Trugschluss, dass weniger gewettet werde“, kommentiert DSWV-Präsident Mathias Dahms die Zahlen. „Wir denken, dass die Spieler in den Schwarzmarkt abgedriftet sind.“ Der ist im Internet meist nur einen Klick entfernt. Und dort werde tendenziell mehr Geld eingesetzt, sagt Dahms. Die Behörde müsse den Schwarzmarkt stärker bekämpfen und legale Angebote stärken. In beiden Fällen hakt es demnach bei der GGL, dabei sind das Kernaufgaben der Behörde.

Die Sportwettenanbieter wollen vor allem mehr Wetten anbieten, was das Geschäft verbessert. Oder wie es Verbandspräsident Dahms formuliert: „Spielerschutz setzt ein attraktives Angebot voraus.“ Seine These: Wie im Supermarkt wünschen sich die Spielerinnen und Spieler ein breites Angebot, auch wenn sie immer nur dieselben Spiele spielen. Und wenn das legale Angebot zu eingeschränkt ist, lockt halt das illegale.

Die Glücksspielbehörde verweist darauf, dass „derzeit in Deutschland mehr als hunderttausend verschiedene Sportwetten legal möglich“ sind. Das sei eine erhebliche Anzahl. Die meisten Spieler werden beim Fußball, vielleicht noch bei Basketball und Handball, setzen und da zum Beispiel auf Spiele der großen Ligen in Europa. Tennis, Surfen und Fechten sind eher am Rand interessant, ebenso wie die Bob-WM oder die erste Fußballiga in Gibraltar.

„Bei Sportwetten sehen wir derzeit eine Konsolidierung des legalen Marktes, der sehr dynamisch ist“, heißt es bei der GGL. Einige Anbieter hätten sich aus dem Markt verabschiedet, neue kämen hinzu. Und: „Die Entwicklung der Spieleinsätze hängt zudem immer auch von der Anzahl der angebotenen Großveranstaltungen wie EM oder WM ab, aber auch von der Leistung der deutschen Nationalmannschaft und der erfolgreichen Clubs, insbesondere im Fußball.“ Die EM im eigenen Land diesen Sommer könnte also einen Schub für die Wettanbieter bringen.

Auch im Kampf gegen illegales Glückspiel könne die GGL bereits gute Erfolge vorweisen, heißt es aus Halle. Vor allem Zahlungen zu blockieren, erweise sich als scharfes Schwert gegen illegale Anbieter. Banken überweisen dann kein Geld an die Unternehmen. Allerdings hat die GGL an anderer Stelle Schwierigkeiten: beim Sperren von Internetseiten, dem IP-Blocking. Die Behörde wollte führende Internetprovider gerichtlich dazu zwingen, illegale Glücksspielangebote zu streichen. Doch bisher ist rechtlich nicht endgültig geklärt, ob die Provider dazu verpflichtet sind.

Auch sonst sieht sie den Schwarzmarkt als nicht so riesig an. Zwischen 800 und 900 Seiten mit illegalen Sportwetten, Online-Casinos, Online-Poker und virtuellen Automatenspielen führte die GGL im November auf. Geschätztes Marktvolumen 300 bis 500 Millionen Euro, ein Bruchteil der rund 14 Milliarden Euro des erlaubten Marktes, von dem die GGL aber nur einen Teil überwacht.

„Insgesamt sehen wir zu wenig Rückendeckung bei den Staatsanwaltschaften“, heißt es bei der GGL. Zudem will der Gesetzgeber mit der Reform des Strafgesetzbuchs einen Paragrafen streichen, der der Behörde die Chance gibt, bei Verdacht auf illegales Glücksspiel Strafanzeige zu stellen.

Jedenfalls sieht die Behörde die Lage anders als die Unternehmen. „Legale Anbieter müssen umfangreiche Lizenzierungsanforderungen erfüllen und strenge Regeln des Spielerschutzes umsetzen“, heißt es. „Diese Auflagen schlagen sich nach unseren Erkenntnissen – entgegen den Behauptungen der Branche – nicht in langfristig rückläufigen Umsatzzahlen nieder.“ GGL und Branche betonen immerhin, konstruktiv miteinander zu reden.

Wer Hilfe im Umgang mit Glücksspielsucht benötigt, findet unter www.bundesweit-gegen-gluecksspielsucht.de Angebote. Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung informiert auf der Internetseite www.check-dein-spiel.de. Beratung bietet die Zentrale anonym unter der kostenfreien Telefonnummer 0800 1372700.

Die Liste der zugelassenen Anbieter findet sich unter https://www.gluecksspiel-behoerde.de/de/erlaubnisfaehigesgluecksspiel/whitelist

Erlaubte Sportwetten sind im Detail unter https://www.gluecksspiel-behoerde.de/de/erlaubnisfaehigesgluecksspiel/sport-und-pferdewetten aufgeführt.

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