Der Suchmaschinen-Krieg

Microsoft greift mit KI Google an.

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Von Björn Hartmann

15. Feb. 2023 –

Google ist seit Jahren bei Suchen im Internet das Maß der Dinge – noch. Der Multimilliarden-Markt bewegt sich. Microsoft greift den Konkurrenten mit einem neuartigen Programm an, das von künstlicher Intelligenz (KI) gesteuert wird. Die Technik begeistert bereits mehr als hundert Millionen Menschen weltweit – und wird die Arbeit vieler Menschen verändern.

 

Was ist passiert?

Im November machte ein US-Unternehmen namens OpenAI ein neuartiges Chatprogramm öffentlich. ChatGPT kann, richtig aufgefordert, Texte erstellen, Computercode tippen, Argumente liefern, Gedichte schreiben. Das Programm bestand schon werbewirksam US-Anwaltsprüfungen und ein Medizinexamen. Inzwischen haben mehr als 100 Millionen Menschen das Programm ausprobiert. Es nutzt KI. Experten sehen eine technische Revolution ähnlich dem ersten Iphone. Das Besondere: Der US-Software-Konzern Microsoft unterstützt OpenAI mit Rechenleistung und will um die zehn Milliarden Dollar (9,3 Milliarden Euro) in das Unternehmen stecken. Mit der KI-Technologie greift Microsoft jetzt den US-Suchmaschinen- und Softwarekonzern Alphabet (Google, Youtube, Android) an.

 

Wie geht Microsoft vor?

Microsoft will die KI-Technologie hinter ChatGPT in seine Cloud-Produkte für Unternehmen einbauen. Zudem wird die Suchmaschine Bing, die ein Randdasein fristet, aufgewertet. Auch der Internetbrowser Edge bekommt KI-Technologie. Google reagierte umgehend und verkündete, seine Suche durch eigene KI-Technologie aufzurüsten. Das Programm heißt Bard, die Technologie dahinter Lamda.

 

Worum geht es?

Vordergründig zeigt Microsoft, wie es sich die Suche der Zukunft vorstellt und das es technologisch vorn dabei ist. Und natürlich sind große Summen im Spiel. Denn eine Suchmaschine zu betreiben, bringt Geld. Microsoft erklärte bei der Präsentation der überarbeiteten Suchmaschine Bing, dass ein Prozent mehr Marktanteil zusätzlichen Milliardenumsatz bringe. Bisher dümpelt Bing nach Daten von Similarweb weltweit bei einem Marktanteil von drei Prozent herum, Google liegt bei knapp 91,1 Prozent. In Deutschland sind es knapp fünf zu knapp 90 Prozent. Ähnlich sieht es beim Umsatz aus: Microsoft setzte mit Anzeigen im Suchumfeld zuletzt weltweit 3,2 Milliarden Dollar um, Google 42,6 Milliarden Dollar. Mit der Künstlichen Intelligenz in der Suche will Microsoft also vor allem Menschen dazu bewegen, Bing zu nutzen, um dann die Werbeerlöse zu steigern.

 

Wie wichtig sind die Neuerungen?

Um das einschätzen zu können, lohnt ein Blick auf die Finanzmärkte. Der Börsenwert der Unternehmen bildet in der Regel ab, wie die Anleger die Zukunftschancen sehen. Als Google Bard vorstellte, gab der Chatbot in einem Werbevideo an, das James-Webb-Teleskop sei das erste, das einen Planeten außerhalb unseres Sonnensystems fotografiert hat. Die Antwort ist falsch. In der Folge verlor der Aktienkurs von Googles Mutterkonzern Alphabet bis zu 160 Milliarden Dollar. Und erholt hat sich der Kurs bisher nicht.

 

Wer gewinnt?

Schwer zu sagen. Dank ChatGPT sieht Microsoft plötzlich öffentlich als technologisch führend aus. Außerdem kann das Unternehmen ein funktionierendes Programm verfügbar machen. Allerdings ist der Marktanteil der Bing-Suche verschwindend. Alphabet, der Konzern hinter Google, hat mit der Suchmaschine eine marktbeherrschende Position mit entsprechend hohen Einnahmen. Völlig unvorbereitet ist das Unternehmen nicht, es hat eine eigene Technologie, die aber wohl noch nicht völlig marktreif ist. Entscheidend wird sein, wie einfach die Programme bedient werden können und wie frei verfügbar sie sein werden.

 

Was unterscheidet ChatGPT und Bard?

Microsoft lässt eine neuere Version von ChatGPT in seine Internetsuche Bing einfließen. Sie wirft dann nicht nur klassische Antworten als Liste aus, sondern liefert in einem Kasten zum Beispiel noch eine Zusammenfassung. Wie es aussieht, wird nur eine begrenzte Zahl an Anfragen in einem bestimmten Zeitraum möglich sein. Die Technik soll auch in den Internetbrowser Edge eingebaut werden, mit dem Microsoft gegen Googles Chrome und vor allem in Deutschland auch Firefox konkurriert. Über Bard ist nur bekannt, dass es in den kommenden Monaten nach intensiven Tests in die Google-Suche integriert werden soll.

 

Wie funktionieren die Programme hinter ChatGPT und Bard?

ChatGPT nutzt ein Programm namens GPT, das die Firma OpenAI entwickelt hat. Googles Bard fußt auf Lamda. Beide Programme nutzen neuronale Netze, angelehnt an das menschliche Gehirn. Die jeweilige Künstliche Intelligenz wird mit Daten aus dem Internet trainiert und nutzt dazu ein statistisches Modell. Weder Lamda noch GPT sind intelligent, sie können nur sehr genau vorhersagen, wie wahrscheinlich welche Worte eine sinnvolle Antwort ergeben. GPT-3, das ChatGPT nutzt, wurde mit 175 Milliarden Daten trainiert. Bing soll eine neuere Version nutzen.

 

Wie genau sind die KI-Programme?

Bards Fehler mit dem Weltraumteleskop zeigt schon, dass die Programme nicht alles wissen. Sie sind nur so gut, wie die Datenbasis, mit denen sie trainiert werden. Alle Fehler und Verzerrungen der Datenbasis übernimmt die KI. Sie weiß auch nicht was richtig und was falsch ist.

 

Wie kann ich die neue Bing-Suche nutzen? Und wann Bard?

Um die Künstliche Intelligenz in der Suche nutzen zu können, muss man sich anmelden. Unter www.bing.com/next gibt es eine entsprechende Schaltfläche. Microsoft informiert dann per Mail, wann man Zugriff hat. Für ChatGPT kann man sich einfach unter https://chat.openai.com/auth/login anmelden. Wegen der großen Nachfrage ist das Programm allerdings oft nicht erreichbar. Bard von Google ist derzeit nur für Profitester freigegeben. Das Programm soll noch intensiv auf Fehler getestet werden.

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