Der Traum ist aus

Gewinneinbruch bei der Bahn / Nix mehr los in der Logistik / Grube schließt Stellenabbau nicht aus

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Von Wolfgang Mulke

20. Aug. 2009 –

Die erste Zwischenbilanz als Chef der Deutschen Bahn hat sich Rüdiger Grube sicher angenehmer vorgestellt. Doch 112 Tage nach Übernahme des Postens muss der Konzern an allen Ecken und Enden kämpfen. Die Wirtschaftskrise macht der Bahn schwer zu schaffen. Im ersten Halbjahr ging der Gewinn um 40 Prozent auf knapp 550 Millionen Euro zurück. Der Umsatz sank um 14 Prozent auf gut 14 Milliarden Euro. „Wir schreiben weiterhin schwarze Zahlen“, konnte Grube wenigstens eine gute Nachricht verkünden.

Dies gilt nicht für alle Geschäftsbereiche. Der Güterverkehr ist ins Minus gerutscht. Fast 130 Millionen Euro butterte das Unternehmen hier zu. Grund ist die weltweite Wirtschaftskrise, die mit der Stahl-, Chemie- und Autoindustrie besonders jene Branchen trifft, die besonders viele Güter auf der Schiene transportieren. „Die Stahlproduktion ist auf dem Niveau der 50er Jahre“, verdeutlicht Grube den Einbruch im Stammgeschäft. Bei LKW-Transporten sowie dem Frachtgeschäft in der Luft und zur See sieht es nicht viel besser aus. Hier gingen die Erlöse um fast 25 bis 30 Prozent zurück. Der Gewinn reduzierte sich um fast 80 Prozent.  

Der Traum vom weltweit einträglichen Logistikgeschäft ist erst einmal ausgeträumt. Grube kündigte an, dass vorläufig keine weiteren Unternehmen zugekauft werden. Dabei wollte der Konzern bisher vor allem in dieser Sparte wachsen und mit dieser Aussicht private Investoren ködern. Daraus wird vorerst nichts. „Wir sehen noch keine Anzeichen für eine Stabilisierung“, räumte Finanzchef Diethelm Sack ein. Die Bahn rechnet mit einer mehrjährigen Durststrecke. Erst in fünf Jahren kann das Unternehmen demnach den Stand von 2008 wieder erreichen.

Als Hort der Stabilität erweist sich derzeit der Personenverkehr. Zwar gingen auch im Fernverkehr die Umsätze zurück. Doch lag dies vornehmlich am ausgedünnten ICE-Verkehr. Auf den Regionalstrecken konnte die Bahn sogar höhere Erlöse verzeichnen. Dennoch will Grube keinen grundsätzlichen Strategiewandel hin zum reinen Inlandsgeschäft vollziehen. Dafür stehe er nicht zur Verfügung, stellte der Vorstand klar.

Mit einem rigiden Sparkurs will Grube durch die Krise kommen. Die Kosten sollen um zwei Milliarden Euro jährlich gesenkt werden. Einsparungen in der Verwaltung sollen allein ein Zehntel davon bringen. So streicht Grube etwa eine ganze Hierarchieebene ein. Auch einen Stellenabbau schließt der Vorstand nicht mehr aus. Derzeit sind 8.000 der 240.000 Beschäftigten auf Kurzarbeit gesetzt. Die Zahl könnte bis zum Jahresende auf 10.000 ansteigen. Wenn die Krise anhält, werden Stellen abgebaut. Betriebsbedingte Kündigungen soll es aber weiterhin nicht geben.

Ein paar Lichtblicke hat Grube dennoch ausmachen können. Im Unternehmen wurde aufgeräumt. Etliche Manager und Vorstände mussten als Folge der Datenskandale und der Missstände bei der Berliner S-Bahn gehen und wurden durch unbelastetes Personal ersetzt. Auch das Verhältnis zur Politik hat sich nach Einschätzung des Bahnchefs wieder verbessert.

Eine Reaktion aus dem Bundestag auf die Bilanz lässt anderes vermuten. „Die Halbjahreszahlen sind noch schlechter, als sie auf den ersten Blick erscheinen“, kritisierte der verkehrspolitische Sprecher der Union, Dirk Fischer, die Geschäftspolitik. Nur die staatlichen Zuschüsse hätten der Bahn zu schwarzen Zahlen verholfen. Fischer warf den für die Bahn zuständigen SPD-Ministern ein Versagen in ihrer Beteiligungspolitik vor.

Einen Ausblick auf das Gesamtjahr wollten die Vorstände noch gar nicht wagen. Offen ist auch noch, ob die Fahrpreise im Dezember wie zuletzt in schöner Regelmäßigkeit angehoben werden. „Darüber wird im Herbst entschieden“, kündigte Grube an.



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