Deutsche Abhörtechnik für arabische Diktatur

Beschwerde beim Wirtschaftsministerium gegen die Münchner Firma Trovicor. Angeblich hilft diese bei Telefonüberwachung in Bahrain

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Von Hannes Koch

03. Feb. 2013 –

„Die Welt zu einem sicheren Platz machen“ - das ist der Anspruch der Firma Trovicor aus München. Gegen dieses Unternehmen legen nun Menschenrechtsaktivisten eine Beschwerde bei der Bundesregierung ein. Ihren Angaben zufolge hilft die Firma mit Technologie zur Überwachung von Telekommunikation den Sicherheitsbehörden des arabischen Staates Bahrain bei der Unterdrückung der Bevölkerung.


In ihrer Beschwerdeschrift sieht die Berliner Juristin Miriam Saage-Maaß „eine klare Verbindung zwischen der systematischen und flächendeckenden Überwachung von Telekommunikation und der willkürlichen Festnahme und Folter von Dissidenten durch die bahrainische Regierung“. Saage-Maaß arbeitet bei der Menschenrechtsorganisation ECCHR. Hinter der Beschwerde stehen außerdem Organisationen aus Bahrain und Reporter Ohne Grenzen.


Um die Vorwürfe zu illustrieren, wird in der Beschwerdeschrift der Fall des Regierungskritikers Abdul Ghani Al Khanjar geschildert, der im August 2010 in seiner Wohnung in Bahrain festgenommen worden sei. Wochenlang habe man ihn dann im dortigen Innenministerium erniedrigt, geschlagen und verletzt. Laut Juristin Saage-Maaß hielten die Vernehmer Al Khanjar Transskripte seiner SMS-Kommunikation vor, die sie wahrscheinlich unter Mitwirkung der Münchner Firma erhalten hätten.

Das Unternehmen teilte auf Anfrage mit: „Trovicor hält sich strikt an alle internationalen Gesetze - in Deutschland, in der Europäischen Gemeinschaft,und in anderen Ländern, und betreibt keine Geschäfte mit Ländern, die unter Embargos stehen.“ Zu den konkreten Vorwürfen sagte die Firma nichts. Grundsätzlich äußere man sich nicht zu einzelnen Kunden und Staaten, so Sprecherin Birgitt Fischer-Harrow.

Die Sicherheitsbehörden der Insel Bahrain, einer konstitutionellen Monarchie bei Katar im Persischen Golf, versuchen seit Jahren, die Reformbewegung des arabischen Frühlings niederzuschlagen. Vor diesem Hintergrund legen die Menschenrechtsaktivisten jetzt Beschwerde ein auf der Basis der Leitsätze der Organisation für Wirtschaftliche Kooperation und Entwicklung (OECD). Die Leitsätze verpflichten international tätige Unternehmen unter anderem, sich nicht an Verletzungen der Menschenrechte zu beteiligen. Die deutsche OECD-Kontaktstelle, die solche Fälle überprüft, sitzt im Bundeswirtschaftsministerium.

 

„Die Trovicor GmbH vertreibt und wartet die Überwachungstechnologien, die von der bahrainischen Regierung eingesetzt werden“, heißt es in der Beschwerde. Mit dieser ließen sich auch Telefone, Mobiltelefone, SMS und Internet kontrollieren und Personen ausfindig machen, die der Sicherheitsapparat des Königs von Bahrain für gefährlich halte. Die Beschwerdeführer nehmen an, dass Trovicor noch heute die entsprechende Hard- und Software in Bahrain pflegt und erneuert.


Eindeutig beweisen können sie diese Anschuldigung aber nicht, unter anderem, weil die Firma keine entsprechenden Informationen liefere. So sind die Menschenrechtsaktivisten darauf angewiesen, Indizien zusammenzusetzen. Ein Hinweis, der die Beteiligung Trovicors nahelege, bestehe darin, dass das Unternehmen 2009 die Geschäftskontakte in Bahrain von der Nokia Siemens Networks AG übernommen und mindestens bis 2011 fortgeführt habe.


Wenn sie die Beschwerde für relevant hält, kann die deutsche Kontaktstelle nun ein Vermittlungsverfahren in Gang setzen. Beide Seiten müssen dann Stellung nehmen. Selbst aber, wenn die Kontaktstelle zu dem Ergebnis käme, dass Trovicor die OECD-Leitsätze missachte und gegen Menschenrechte verstieße, hätte dies keine rechtlich bindende Konsequenz. Die Logik der Leitsätze besteht darin, mittels öffentlicher Aufmerksamkeit Verhaltensänderungen bei Unternehmen zu veranlassen.


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Normen für Firmen

Unternehmen sollen nicht gegen international akzeptierte Grundsätze und Normen verstoßen. Dazu gehören die politischen Bürgerrechte, die jedem Menschen auf dem Globus durch die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen garantiert sind: unter anderem das Recht auf Leben, Freiheit und Sicherheit, sowie das Verbot von Folter. Auch soziale Bürgerrechte, etwa das Recht auf Zusammenschluss der Beschäftigten in freien Gewerkschaften, werden in den Leitsätzen der Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) für international tätige Unternehmen genannt. Letztlich ist die Beachtung aber freiwillig, weil ein weltweites Rechtssystem zur Durchsetzung fehlt.

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