Deutsche Industrie will keine Verantwortungsnorm

Nach fünfjährigen Verhandlungen steht Nachhaltigkeitsvereinbarung vor dem Scheitern

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Von Wolfgang Mulke

25. Jan. 2010 –

Die Verhandlungen um eine internationale Norm für soziales, umweltverträgliches und gesellschaftlich verantwortliches Verhalten von Unternehmen und Organisationen sind kurz vor Schluss vom Scheitern bedroht. Die deutsche Industrie will den von hunderten Experten aus über 90 Ländern innerhalb von fünf Jahren erarbeiteten Vorschlag nicht mehr mittragen. "Wir sind der Auffassung, dass der Normentwurf zu mangelhaft ist", heißt es beim Bundsverband der Deutschen Industrie. Am heutigen Dienstag treffen sich die Vertreter der deutschen Wirtschaft, um ihre Haltung vor den abschließenden Gesprächen Mitte Februar abzustimmen.

 

In der internationalen Richtlinie sollen Mindeststandards festgelegt und unter der Normbezeichnung ISO 26000 veröffentlicht werden. Dazu gehören zum Beispiel Maßstäbe für das ethische Verhalten von Firmen oder angemessene Arbeitsbedingungen. Auch der Verbraucher- und der Umweltschutz sind Bestandteile der Norm, die in diesem Jahr von allen beteiligten Ländern und Interessengruppen auf den Weg gebracht werden soll. Ihren Widerstand begründet die deutsche Industrie unter anderem mit einer Überforderung der kleineren und mittleren Unternehmen beim Aufbau entsprechender Kontrollen ihrer Partnerfirmen im Ausland. Auch befürchtet die Wirtschaft, dass aus der unverbindlichen Norm schnell ein kostenintensives Zertifikat werden könnte. "Die Industrie ist nicht gegen gesellschaftliche Verantwortung", betont der Normenexperte des BDI, Oliver Schollmeyer und fordert eine neuerlich gründliche Überarbeitung des Kompromisspapiers.

 

In Deutschland ist das Institut für Normung (DIN) für ISO 26000 zuständig. Bis Mitte Februar müssen die vom DIN eingeladenen Experten aus Industrie, NGOs, Gewerkschaften, Verbraucherschutz, Regierung und Wissenschaft über den letzten Entwurf abstimmen. Mit der Blockadehaltung begibt sich die Industrie in die schlechte Gesellschaft von Staaten wie China, in denen wesentliche Grundsätze verantwortlichen Verhaltens nicht gelten und die die Norm ebenfalls torpedieren.

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