Deutschlands unfaires Privileg

Kommentar zur EU-Konferenz gegen Jugendarbeitslosigkeit von Hannes Koch

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Von Hannes Koch

02. Jul. 2013 –

Der französische Staatspräsident Valéry Giscard d´Estaing charakterisierte die Währungspolitik der USA in den 1970er Jahren mit dem berühmten Begriff des „exorbitanten Privilegs“. Die Weltmacht profitiere von einem permanenten Kapitalzustrom aus dem Ausland, der die Zinsen und damit die Kosten der Verschuldung in den USA niedrig halte. In einer vergleichbaren Rolle ist augenblicklich Deutschland in Europa. Die Vorteile, die dieses unfaire Privileg einbringt, sollte Deutschland mit seinen Nachbarn teilen – unter anderem anlässlich der EU-Konferenz gegen Jugendarbeitslosigkeit am Mittwoch in Berlin.

 

Unfair - warum? Deutschlands Wirtschaftslage ist zwar solider und stabiler als die mancher südeuropäischer Staaten. Insofern sind gewisse Zinsvorteile gerechtfertigt. Allerdings werden die Unterschiede durch die Eurokrise verschärft und überzeichnet. Teilweise bringen Investoren Kapital nach Deutschland, ohne überhaupt noch Zinsen zu verlangen. Regierungen und Firmen in Griechenland, Portugal, Spanien und anderen Euro-Ländern müssen dagegen verzerrt hohe Zinsen zahlen.

 

Was das bedeutet, hat das Bundesfinanzministerium unlängst mitgeteilt: Obwohl seine Verschuldung gestiegen ist, zahlt der Bund 2014 rund elf Milliarden Euro weniger Zinsen als 2008 – 29 statt 40 Milliarden Euro. Hinzu kommt die Ersparnis der Unternehmen. Geht man von Neuinvestitionen von 460 Milliarden Euro und einer Fremdfinanzierungsquote von einem Drittel aus, nehmen die deutschen Firmen etwa 150 Milliarden Euro Kredite pro Jahr auf. Da die entsprechenden Zinsen hierzulande um drei bis vier Prozent niedriger liegen als beispielsweise in Griechenland oder Portugal, sparen deutsche Unternehmen im Vergleich zur Konkurrenz bis zu sechs Milliarden Euro jährlich. Der addierte Vorteil für Staat und Wirtschaft ergibt ein Plus von rund 17 Milliarden Euro.

 

Vor diesem Hintergrund nehmen sich die sechs Milliarden Euro, die aus Mitteln der EU zur Verminderung der Jugendarbeitslosigkeit in Südeuropa ausgegeben werden sollen, als bescheiden, wenn nicht gar lächerlich aus. Natürlich hat Deutschland bereits Geld zur Verfügung gestellt, um die Eurokrise zu bewältigen. So wird die Einlage in den Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) 22 Milliarden Euro kosten. Diese Summen neutralisieren aber nicht den unfairen Vorteil, den Deutschland gegenwärtig genießt. Etwas mehr Großzügigkeit gegenüber den Euro-Nachbarn wäre ratsam und nötig.

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