Die Bahn fährt aus der Krise

Konjunkturerholung sorgt für mehr Güterverkehr / Mehr als 5.600 Hitzeopfer entschädigt

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Von Wolfgang Mulke

28. Jul. 2010 –

Die Erholung der Weltwirtschaft erreicht nun auch die Deutsche Bahn. Nach einem heftigen Einbruch bei den Gütertransporten im vergangenen Jahr geht es mit der Logistiksparte wieder aufwärts. Vor allem dieser Rückenwind sorgte im ersten Halbjahr für ein Umsatzplus von gut zwölf Prozent bei der Bahn. 16,1 Milliarden Euro setzte der Konzern bis Ende Juni um. „Unser Optimismus ist noch gedämpft“, warnte Bahnchef Rüdiger Grube bei der Vorstellung der Zahlen am Mittwoch vor den Unwägbarkeiten der Weltwirtschaft.

 

Die vielen Pannen beim ICE und bei der Berliner S-Bahn haben dem Konzern Millioneneinbußen beschert. 70 Millionen Euro kosteten Grube zufolge die technischen Schwierigkeiten während des strengen Winters. Wie teuer die Hitzewelle am Ende sei wird, ließ er offen. Bislang haben mehr als 5.600 Fahrgäste eine Entschädigung für Saunatemperaturen im ICE erhalten. 374.000 Euro gab die Bahn dafür aus. Das Schmerzensgeld von 500 Euro wird dagegen nur selten beantragt. Lediglich 51 Passagiere ließen sich damit bisher entschädigen. Die technischen Probleme haben am Gewinn gezehrt. Der Ertrag nach Abzug der Steuern lag mit 392 Millionen Euro um fast 30 Prozent unter dem Vorjahreswert. Allerdings konnte die Bahn im Vorjahr noch einen Sonderertrag verbuchen.

 

Aus den Fehlern will das Unternehmen Lehren ziehen und sowohl die Technik als auch den Kundenservice verbessern. „Wir betreiben hier keine Kosmetik“, versprach der Vorstand. In München testet die Bahn ab August neue Ansagen am Bahnhof, die für eine schnellere Information der Kunden sorgen soll. Das Servicepersonal wird mit 9.000 Smartphones ausgerüstet. Damit können sich auch die Zugbegleiter auf dem Laufenden halten. Schließlich will Grube 21 Millionen Euro in eine einheitliche und durchgängige Reiseinformation an den Stationen investieren.

 

Darüber hinaus drängt die Bahn bei den Zugherstellern auf die vertragliche Verpflichtung zur Einhaltung bestimmter Qualitätsmerkmale. In den kommenden fünf Jahren werden 41 Milliarden Euro in neue Züge, die Modernisierung bestehender Fahrzeuge sowie Trassen und Bahnhöfe ausgegeben.

 

Grube ließ offen, ob die Ticketpreise mit dem Fahrplanwechsel im Dezember erneut angehoben werden. Dies hänge von verschiedenen Einflüssen ab, etwa den anstehenden Tarifabschlüssen. „Ich möchte das mit Augenmaß betreiben“, versicherte der Manager.

 

Die Tarifverhandlungen mit allen Gewerkschaften werden an diesem Donnerstag fortgesetzt. Ein Hauptziel ist dabei ein Flächentarifvertrag für alle Bahnen. „Es zeichnet sich inzwischen eine gewisse Bereitschaft anderer Bahnunternehmen ab, in Gespräche über eine branchenübergreifende Lösung mit den Gewerkschaften einzutreten“, sagte Grube. Der Vorstand hofft, dass diese Tarifrunde ohne Streiks auskommen wird.

 

Hoffnung hat die Bahn auch noch auf die Wirksamkeit des auf Eis liegenden Vertrags mit dem Verkehrsverbund Rhein Ruhr. Das Düsseldorfer Oberlandesgericht hat die Vergabepraxis ohne Ausschreibung auf die Einwände einer Konkurrenzfirma hin kassiert. Nun soll der Bundesgerichtshof die Zulässigkeit der Übereinkunft prüfen, die der Bahn den Betrieb der Verbundlinien über weitere fünf Jahre ermöglichen würde. „Wir gehen davon aus, dass die Vereinbarung wie geplant durchgeführt werden kann“, teilte ein Sprecher mit. Die Bahn kündigte in diesem Falle Investitionen von 215 Millionen Euro für 34-neue S-Bahn-Fahrzeuge an.

 

 

 

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