Die Banken sind sicher

Finanzsystem in Deutschland hat Zinsanstieg gut verarbeitet. Dennoch mehr Rücklagen gefordert

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Von Björn Hartmann

24. Nov. 2023 –

Neben all den bedrückenden Nachrichten über Kriege, steigende Preise und Haushaltsengpässe liefert die Bundesbank jetzt eine gute: Das Finanzsystem in Deutschland ist angesichts all der Unsicherheit stabil und hat gut verkraftet, dass die Leitzinsen in nie gekanntem Tempo gestiegen sind. Claudia Buch, Vizepräsidentin der Bundesbank, mahnte aber zugleich, die Institute müssten widerstandsfähiger werden.

Das ist wichtig, weil Banken und Sparkassen unter anderem die Wirtschaft mit ihren Krediten am Laufen halten. Schwächeln die Institute, können viele Unternehmen nicht so viel investieren, etwa keine neuen Maschinen kaufen. Und wenn Privatleute den Banken und Sparkassen nicht mehr vertrauen, wollen sie ihr Geld abziehen – mit unabsehbaren Folgen. Deshalb haben die Aufsichtsbehörden im Zuge der Finanzkrise 2008 die Regeln und Vorgaben für den Finanzsektor verschärft. Die deutschen Banken, Sparkassen und Versicherer waren für Krisen entsprechend besser gewappnet.

Weil die Inflation nach der Corona-Pandemie und dem Angriff Russlands auf die Ukraine kräftig stieg, hat die europäische Zentralbank die Leitzinsen drastisch erhöht. Das Niveau entspreche etwa dem von 2005, sagt Bundesbankvizepräsidentin Buch. Die Banken verdienen wieder mehr Geld mit Krediten, Versicherer können die von ihnen garantierte Mindestverzinsung etwa von Lebensversicherungen leichter erreichen. Und weil die Banken und Sparkassen die Zinsen nicht in voller Höhe an die Sparkunden weitergegeben haben, sind die Gewinne gestiegen. Die Bundesbank bezifferte die nicht weitergegebene Summe mit 29 Milliarden Euro.

Allerdings müssen viele Institute ihre Anlagen neu bewerten, was der Bundesbank zufolge vielerorts die stillen Reserven aufgebraucht hat. In manchen Instituten schlummern jetzt stille Lasten – Verluste, die erst beim Verkauf etwa eines Wertpapiers sichtbar werden. Gleichzeitig nehmen wegen der hohen Zinsen und der Unsicherheit darüber, wie sich die wirtschaftliche Lage entwickelt, nicht mehr so viele Unternehmen oder Privatleute Kredite auf. Weil die Konjunktur in Deutschland schwächelt, wollen viele zudem kaum investieren, halten sich also auch bei Krediten zurück.

Und dann ist da der Strukturwandel. Die konjunkturelle Schwäche mischt sich mit der Überalterung der Gesellschaft, Digitalisierung, dauerhaft hohen Energiepreisen und dem Zwang zur Klimawende. Neue Geschäftsmodelle entstünden, „wer genau die Gewinner der Transformation sind, wissen wir heute nicht“, sagte Buch. Die Unsicherheit sei hoch. Mit Folgen für Banken und Versicherungen: Fallen Kredite aus? Ist genug Geld zurückgelegt? Hinzu kommen aus Sicht der Bundesbank Risiken durch Cyberangriffe.

Vor einiger Zeit hat die Europäische Zentralbank die Banken und Versicherungen einem sogenannten Stresstest unterzogen. Er prüfte die Widerstandskraft unter aus heutiger Sicht extremen Krisenannahmen. „Ein signifikanter Teil der deutschen Banken würde aufsichtliche Anforderungen an das Kapital unterschreiten“, sagte Buch. Anders gesagt: Ihnen fehlen Rücklagen. Sie müssen jetzt nachbessern.

Untersucht hat die Bundesbank in einem weiteren Stresstest, wie der klimapolitische Wandel die Institute treffen würde. Die Risiken seien für die Branche verkraftbar, sagte Buch. „Die Sorge vor Verlusten im Finanzsektor sollte einer guten Klimapolitik nicht im Wege stehen.“ Sie sieht in einer geordneten und transparenten Energiewende einen Vorteil. Er könne den Finanzsektor vor größeren Verlusten bewahren.

Insgesamt empfiehlt die Bundestagsvizepräsidentin den Banken und Versicherungen, sich widerstandsfähiger zu machen. Die Institute hätten jetzt Chancen, sich mehr Puffer aufzubauen. „Sie können jetzt die gute Situation nutzen, um ihre Resilienz zu stärken“, sagte Buch mit Blick auf die gestiegenen Gewinne.

Die Europäische Zentralbank hatte zuvor gewarnt, die europäischen Finanzmärkte seien nach wie vor sehr anfällig. Die Finanzstabilität im Euro-Raum sei fragil. Die EZB nannte schwaches Wachstum, hohe Inflation und erhöhte geopolitische Spannungen bei gleichzeitig teureren Krediten und zunehmend strengerer Vergabe, was zunehmend die Wirtschaft belastet.

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