Die Busse kommen

Die geplante Freigabe des Linienverkehrs beflügelt Busunternehmen / Bald günstige Alternativen zur Bahn ?

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Von Wolfgang Mulke

30. Nov. 2009 –

 

 

  In der ersten Klasse des Doppeldeckerbusses von Nürnberg nach Prag fühlen sich Fahrgäste wie auf Schienen. Die Kabine ist mit demselben Interieur ausgestattet wie die Waggons im ICE, zum Beispiel mit den gut gepolsterten Sitzen mit Arbeitstisch. Der einzige große Unterschied ist die Streckenführung. Statt von Bahnhof zu Bahnhof auf Gleisen reisen die Passagiere auf der Autobahn in weniger als vier Stunden an die Moldau. Konkurrenz macht sich die Bahn damit nicht, denn eine direkte Verbindung mit dem Zug gibt es nicht.

 

Bald könnte der Omnibus jedoch auf vielen Strecken zum harten Wettbewerber der Schiene werden. „Das wird spannend“, kommentiert die Bahnspitze die von der schwarzgelben Koalition geplante Gesetzesänderung mit einem gewissen Unbehagen. FDP und Union wollen bundesweit den Linienbusverkehr zulassen. Das könnte zu einer kleinen Revolution im Reiseverkehr führen. Denn bisher dürfen die Busunternehmen nur wenige Verbindungen anbieten und benötigen dafür die Zustimmung der Bahn. Nur von Berlin aus ist der Linienverkehr uneingeschränkt möglich. Nun rüstet sich die Busbranche zur Offensive.

 

In den Startlöchern steht zum Beispiel die Deutsche Touring aus Frankfurt. „Wir haben ein paar Ideen“, sagt Michael Swedek von der Geschäftsleitung. Das Unternehmen will von Frankfurt über Bonn durch das Ruhrgebiet nach Dortmund fahren, was einer Kampfansage gegen die Deutsche Bahn gleichkommt. Neun Euro soll die einfache Fahrt zunächst kosten, später je nach Entfernung höchsten 25 Euro. Bislang sperrt sich die Bahn gegen die Konkurrenz. Nun soll das Bundesverwaltungsgericht entscheiden, ob das Veto des Konzerns gültig bleibt. Die Deutsche Touring bedient bereits nachts die Verbindung von Mannheim nach Hamburg und verzeichnet auf der Route ein jährliches Passagierwachstum von über zehn Prozent. Auch hier liegt der Bus mit Preisen ab neun Euro deutlich unter den Bahntarifen.

 

Die Anbieter von Bustouren setzen vor allem auf eine preisbewusste Klientel wie Studenten und Senioren. „Die Busfahrten sind 30 bis 40 Prozent günstiger als die Bahntickets“, sagt der Sprecher des Bundesverbands Deutscher Omnibusunternehmer (BDO), Martin Kassler. Den Beweis liefert zum Beispiel die Firma AutobahnExpress aus Potsdam, die unter anderem zwischen Göttingen und Halle unterwegs ist. Der Bus ist eine halbe Stunde schneller unterwegs als der Zug und die Fahrt kostet mit knapp 19 Euro elf Euro weniger. Der Chef des Unternehmens sieht in Deutschland nach einer Öffnung des Marktes noch eine ganze Reihe interessanter Strecken, aber kein Milliardengeschäft. „Der Markt ist nicht sehr groß“, glaubt Firmenchef Constantin Pitzner.

 

Insbesondere die kleineren Busunternehmen sind noch skeptisch. „Bei Fahrzeiten zwischen zwei und vier Stunden kann es sich lohnen“, glaubt der westfälische Busunternehmer Heiko Husmann. Ob er bei einer Marktöffnung in den Linienverkehr einsteigt, weiß der Geschäftsmann noch nicht. Denn Mittelständler können nach Einschätzung der Branchenexperten kaum alleine einen Linienverkehr aufbauen. Für das notwendige Marketing und den zentralen Ticketverkauf wäre die Kooperation mehrerer Firmen vonnöten. Das gestaltet sich jedoch schwierig. Die großen Anbieter wie die Deutsche Touring, Veolia oder auch die Deutsche Bahn, die selbst die größte Buslinie betreibt, sind zuversichtlicher. „Das ist ein sehr interessanter Markt“, heißt es bei Veolia. Die Verkehrstochter des französischen Konzerns will in der nächsten Woche ihre Buspläne vorstellen. Dann fehlt bloß noch die Gesetzesänderung. Fachleute rechnen 2011 mit der Öffnung des Marktes.

 

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