• Kongresszentrum in Davos beim Weltwirtschaftsforum 2025. Foto: Koch

Die den Ring küssen

Was die neue Präsidentschaft Donald Trumps für das Weltwirtschaftsforum in Davos bedeutet, das in dieser Woche stattfindet.

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Von Hannes Koch

19. Jan. 2025 –

Als US-Präsident Donald Trump zum Weltwirtschaftsforum nach Davos kam, brachte er seinen eigenen Hubschrauber und einen Tross von 2.000 Leuten mit. Tagelang waren die engen Straßen des Schweizer Bergorts mit gepanzerten Limousinen verstopft. Das war 2018.

Nun freut sich Kongress-Chef Borge Brende, dass Trump zu Beginn seiner zweiten Amtszeit dieses Jahr wieder dabei ist. Wenn auch nicht persönlich, sondern per Video-Schalte. Am Donnerstag, 23. Januar, soll der US-Präsident eine Rede über die Bildschirme im großen Saal halten und danach mit Managern diskutieren.

Das alljährliche Treffen der Wirtschafts- und Politikelite steht unter dem Motto „Zusammenarbeit im intelligenten Zeitalter“, womit vor allem die Künstliche Intelligenz gemeint ist. Weitere Themen unter anderem: die internationalen Kriege und Krisen, das schwache Wachstum der Weltwirtschaft und das Schicksal der Klimapolitik. Das Weltwirtschaftsforum (WEF) mit Sitz in Genf wirkt als Lobbyorganisation der größten Unternehmen der Welt, sieht sich als globaler Runder Tisch für die Zusammenarbeit von Wirtschaft, Politik, Wissenschaft, Zivilgesellschaft und organisiert den gleichnamigen Kongress in Davos. Wie jedes Jahr werden auch diesmal rund 3.000 Manager:innen und mehrere Dutzend Regierungschef:innen erwartet.

Trump hasst Davos eigentlich. Denn das WEF ist das ökonomische und teils auch gesellschaftliche Gegenbild dessen, was er selbst propagiert. Der Kongress wurde zum Inbegriff der Globalisierung, die nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion Fahrt aufnahm. Der weltweit möglichst freie Fluss von Waren, Kapital und Menschen widerspricht Trumps America First-Denken, das Ideal einer offenen, diversen Gesellschaft steht in scharfem Gegensatz zu seiner Idee, weißen Männern Vorrechte zu sichern. Den „Globalisten“ von Davos gibt Trump die Schuld für die Vernichtung von Industriearbeitersplätzen in den USA.

Andererseits bietet das WEF Mächtigen wie Trump eine geniale Gelegenheit, ihre Botschaften direkt und persönlich an die Weltelite durchzustellen. Wo versammeln sich sonst so viele Entscheider:innen?

Und einige von ihnen haben bereits vorher den Ring des Herrschers geküsst. Meta-Chef Mark Zuckerberg spendete einen großen Betrag für Trumps Amtseinführung und beseitigte ethische Kontrollen in seinen Netzwerken, Amazon-Gründer Jeff Besos verhinderte bei der ihm gehörenden Zeitung Washington Post die Wahlempfehlung für Trumps Konkurrentin Kamala Harris. Solche Änderungen der Unternehmenspolitik dürften sich auch auf das WEF auswirken. Zum Beispiel Meta und Amazon gehören zu den Partnern der Organisation, über die es auf deren Internetseite heißt: „Sie sind die treibende Kraft hinter dem Programm des Forums.“ Ob sich diese Entwicklung fortsetzt, wird in den kommenden Tagen in Davos zu beobachten sein.

Der Prozess könnte das Weltwirtschaftsforum auch tiefer verändern. Um die Gewinninteressen ihrer Aktionäre und Investoren zu schützen, werden viele, wenn auch nicht alle Konzerne dem folgen, was Trump will – vorauseilend, in Anpassung an die Lage oder notgedrungen. Ein Beispiel: Der neue US-Präsident sagte, er wolle Windräder abreißen lassen. Dazu passt, dass sich die US-Bank JP Morgan Chase, ebenfalls eine WEF-Partnerin, kürzlich aus der Net-Zero Banking Alliance, einer Klimaschutz-Organisation der Vereinten Nationen, verabschiedet hat. Wenn das Schule macht, fließen weniger Investitionen in Kohlendioxid-sparende Techniken.

Den Epochenwechsel hat WEF-Präsident Brende kürzlich so beschrieben: Nach dem Ende des Kalten Krieges 1989 habe drei Jahrzehnte eine relativ stabile internationale Ordnung geherrscht, die nun aber Konflikten und Konkurrenzen zum Opfer falle. Wie die neue Weltordnung aussehe, sei noch nicht klar, hoffentlich nicht ein Zustand des „Dschungels“, so Brende.

Wenn das richtig ist, was passiert dann mit dem Gipfeltreffen einer Globalisierung, die jetzt in Machtblöcke zerfällt? Das WEF hat ein massives Problem. Gegründet zu Beginn der 1970er Jahre, wurde es in den 1990er Jahren richtig wichtig. Sein Motto lautet: „Verpflichtet den Zustand der Welt zu verbessern“. Es verbreitet die Botschaft, dass es eine für alle gute Globalisierung geben könne. Das stimmte in dieser Schlichtheit allerdings nie. Der stärkere wirtschaftliche Austausch war immer Verheißung und Bedrohung zugleich. Hunderte Millionen Menschen etwa in China und Indien ließen die Armut hinter sich, andererseits kam es zu neuer Ausbeutung, miesen Arbeitsbedingungen und Menschenrechtsverletzungen in den globalen Lieferketten der europäischen und nordamerikanischen Konzerne.

Während die Machtblöcke nicht mehr zusammen-, sondern auseinanderrücken und die Globalisierung sich mindestens stark verändert, wird das WEF sein Motto der Weltverbesserung beibehalten. Gesprächsbedarf gibt es immer, vielleicht sogar mehr. Trotzdem könnten auch in Davos künftig eher egoistische als kooperative Lösungen auf der Tagesordnung stehen.

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