Die Dose passt zum Ball

Die Getränkedose erlebt trotz Pfand eine Renaissance

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Von Wolfgang Mulke

14. Jun. 2010 –

Die Bikertruppe am Lörracher Bahnhof schleppt gleich eine ganze Palette Dosenbier in den Nachtzug nach Hamburg. Beim Public Viewing des ersten deutschen WM-Spiels stoßen einige Fans nach jedem Tor auf der Berliner Fanmeile mit Dosen auf den nahen Sieg an. Der Getränke-Konzern Coca Cola verspricht in der Werbung eine „volle Dose Happiness“, die ein Viertelliter des Erfrischungsgetränks beim Käufer auslösen soll.

 

Kein Zweifel, ein längst tot geglaubtes Produkt erlebt eine Renaissance. An die Spitze der Bewegung stellten sich jetzt die Discounter Netto und Penny, die das Dosenbier in großem Stil in die Regale zurückholten. Das „Schlosspils“ von Netto ist mit 29 Cent fast so teuer wie das auf die Verpackung erhobene Pfand von 25 Cent. Bald will der Filialist auch Erfrischungsgetränke wieder in der Dose anbieten. Für unansehnliche Müllberge wird die Rückkehr der Dose nach Einschätzung des Händlers nicht mehr führen. „Es ist gelebt und gelernt, die Dose wieder zurückzubringen“, sagt Netto-Sprecherin Christina Stylianou.

 

Die wieder aufkeimende Liebe zum Weissblech lässt sich auch in Zahlen ausdrücken. Bevor das Zwangspfand 2003 eingeführt wurde, setzten die Hersteller in Deutschland jährlich 7,5 Milliarden Dosen ab. Danach brach das Geschäft in sich zusammen. 2004 verließen gerade einmal 250 Millionen Dosen die Fabriken. Doch seit diesem Tiefpunkt geht es wieder aufwärts. 640 Millionen Dosen waren es 2009. Der Verband der europäischen Getränkedosenhersteller ist inzwischen wieder besser gelaunt. In den ersten Monaten dieses Jahres konnte die Industrie ihren Absatz erneut um 27 Prozent steigern. Nun wittern die Hersteller Morgenluft, auch weil sportliche Großereignisse den Getränkeabsatz kräftig beflügeln. „Fußball und Dose hat immer schon gut zusammengepasst“, sagt der Sprecherin des Verbands, Sylvia Blömker. Nun muss sich zeigen, ob auch die Branchenriesen Aldi und Lidl wieder palettenweise Dosengetränke in die Filialen stellen. Bislang ist das nicht der Fall. Laut Blömker ist die Industrie jedoch mit allen Händlern im Gespräch.

 

Ein Grund für den Kampf der Politiker gegen die Dose waren die Müllberge, die rücksichtslose Konsumenten früher allerorten hinterließen. Dieses Problem gehört der Vergangenheit an, seit es das Pfand und ein einheitliches Rücknahmesystem gibt.  Nun ziehen die Befürworter auch gegen das zweite Argument, die Umweltbilanz der Blechverpackungen, zu Felde. Im Auftrag der Industrie hat das Institut für Energie- und Umweltforschung (IFEU) eine Studie angefertigt. Danach ist die Getränkedose Mehrwegflaschen zumindest bei längeren Transportwegen ebenbürtig. Begründet werden die im Vergleich zu früheren Untersuchungen bessren Werte unter anderem mit der Einsparung an Material. Das Gewicht der Dosen wurde um ein Viertel reduziert.

 

Die Grünen werfen den Forschern vor, die Werte schön zu rechnen. „Dosen sind noch immer die ökologisch nachteiligste Verpackung“, sagt umweltpolitische Sprecherin der Partei, Dorothea Steiner. Das Comeback müsse im Keim erstickt werden. Die Experten im Umweltbundesamt (UBA) sehen dies ähnlich. Im Vergleich zur Mehrwegflasche schneide die Dose immer noch schlecht ab. „Verbraucher sollten daher einen großen Bogen um die Blechbüchsen machen“, rät UBA-Chef Jochen Flasbarth.

 

 

 

 

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