Die klitzekleine Kopfpauschale

Die wichtigsten Fragen und Antworten zur Finanzreform der Krankenkassen

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Von Wolfgang Mulke

06. Jul. 2010 –

Wie teuer wird die Krankenversicherung?

 

Die Versicherten müssen im kommenden Jahr höhere Beiträge bezahlen. Der allgemeine Beitragssatz steigt von derzeit 14,9 Prozent auf 15,5 Prozent. Davon tragen Arbeiter und Angestellte etwas mehr als die Hälfte. Den Aufschlag müssen aber Arbeitgeber und Arbeitnehmer je zur Hälfte bezahlen. Beschäftigte mit 1.000 Euro Bruttoverdienst im Monat zahlen künftig 82 Euro statt bisher 79 Euro. Bei einem Einkommen von 3.000 Euro erhöhen sich die Beiträge um neun Euro auf 246 Euro.

 

Kommen dazu noch Zusatzbeiträge?

 

Wenn eine Krankenkasse mit den Überweisungen aus dem Gesundheitsfonds nicht auskommt, erhebt sie Zusatzbeiträge. Diese müssen die Versicherten alleine bezahlen. Die Arbeitgeber bleiben außen vor. Das bisherige System wird somit grundlegend verändert. Denn alle künftigen Kostensteigerungen im Gesundheitswesen tragen die Arbeitnehmer alleine über ansteigende Zusatzbeiträge. Und jeder Versicherte bezahlt denselben Zusatzbeitrag. Ein Teil der Finanzierung der Gesundheitsversorgung wird also durch einkommensunabhängige Prämien ersetzt, die gerne auch Kopfpauschalen genannt werden. Im Verlauf der Jahre steigt die Einheitspauschale im Vergleich zu den durch die Arbeitgeber mitfinanzierten Beiträgen allmählich an.

 

Wie hoch werden die Zusatzbeiträge sein.

 

Das lässt sich nicht eindeutig beantworten. Die meisten Krankenkassen erheben noch keinen Zusatzbetrag. Durch die jetzt beschlossenen Reformen kann dies auch im nächsten Jahr noch auf viele Kassen zutreffen. Irgendwann werden aber alle Krankenkassen die wachsenden Ausgaben für Ärzte, Arzneien und Krankenhäuser aus dieser Quelle speisen. Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler geht für das Jahr 2014 von einem durchschnittlichen Zusatzbeitrag von 16 Euro im Monat aus.

 

Ist es nicht ungerecht, dass Spitzenverdiener genau so hohe Zusatzbeiträge bezahlen wie Hartz-IV-Empfänger?

 

Eigentlich sollen im deutschen Sozialsystem die starken Schultern mehr tragen als die schwachen. Das Prinzip wird hier ausgehebelt, zumindest zum Teil. Denn die Bundesregierung führt auch einen sozialen Ausgleich ein. Niemand soll mehr als zwei Prozent seines Einkommens als Zusatzbeitrag bezahlen. Übersteigt die Prämie diese Marke, übernimmt der Steuerzahler den Restbetrag.

 

Wie funktioniert der Sozialausgleich?

 

Das Bundesversicherungsamt errechnet den durchschnittlichen Zusatzbeitrag aller Kassen aus der Differenz zwischen den Einnahmen des Gesundheitsfonds und den Ausgaben aller Kassen. Dabei kommt beispielsweise für das Jahr 2014 eine Lücke von 16 Euro pro Versicherten und Monat heraus. Das ist die maßgebliche Zahl für den Sozialausgleich. Die persönliche Obergrenze liegt bei zwei Prozent des sozialversicherungspflichtigen Einkommens. Den Rest übernimmt die Allgemeinheit. In diesem Beispiel greift der Ausgleich also ab einem Verdienst von 800 Euro im Monat.

 

Wer organisiert den Sozialausgleich?

 

Dafür sind die Arbeitgeber zuständig. Sie ziehen die über die zwei-Prozent-Grenze gehenden Zusatzbeiträge von den regulären Krankenversicherungsbeiträgen ab. Die Kasse zieht dann zwar den kompletten Zusatzbeitrag beim Versicherten ein, doch über die geringere reguläre Beitragszahlung wird der übermäßige Aufwand wieder ausgeglichen.

 

Worauf müssen die Versicherten achten?

 

Es gibt einen Fallstrick in der Konstruktion, den jeder im Auge behalten sollte. Der Sozialausgleich orientiert sich nur am durchschnittlichen Zusatzbeitrag. Wenn einzelne Krankenkassen darüber hinausgehende Prämien von ihren Mitgliedern verlangen, wird dies nicht durch den Staat ausgeglichen. Wenn der Versicherte die Mehrkosten nicht tragen will oder kann, muss er zu einer Krankenkasse wechseln, die höchstens den durchschnittlichen Zusatzbeitrag erhebt.

 

 

 

 

 

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