Die langsame Regulierung

Neue Regeln für Banken – dieses Ziel will der G20-Gipfel in Toronto erreichen. Haben die Regierungen das nicht schon oft versucht? Eine kleine Bilanz der bisherigen Gipfel zur Bewältigung der Finanzkrise

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Von Hannes Koch

23. Jun. 2010 –

Die hohe Frequenz ist ein Zeichen für die Dringlichkeit des Anliegens. Zweimal jährlich treffen sich die Regierungen der 20 wichtigsten Wirtschaftsnationen, weil ihnen die Finanzkrise noch immer unter den Nägeln brennt. Am kommenden Wochenende ist es in der kanadischen Stadt Toronto wieder einmal soweit. Aber lohnt sich der ganze Aufwand, was haben die Gipfel von Washington, London und Pittsburgh gebracht? Dies sind die wichtigsten Maßnahmen zur Regulierung der Banken und Investoren, die bislang beschlossen wurden.


Staat kontrolliert Investoren

Die wesentliche Lehre, die die G20-Regierungen aus der Finanzkrise gezogen haben, lautet: Kein Markt, kein Akteur und kein Produkt solle künftig ohne Aufsicht bleiben. So hat sich die Europäische Union durchgerungen, drei neue Behörden für die Kontrolle von Banken, Versicherungen und Wertpapieren zu gründen.


Rating-Agenturen

Den Bewertungsfirmen legen die Politiker eine Mitschuld an der Krise zur Last, weil jene zu positive Urteile über gefährliche Wertpapiere abgegeben hätten. Deshalb müssen sich die Agenturen künftig beim Staat registrieren lassen – auch in Deutschland. Diese Funktion übernimmt hier die Finanzaufsicht BaFin. Regelmäßig sollen fortan Überprüfungen stattfinden, ob die Ratingfirmen solide arbeiten. Der wesentliche Interessenkonflikt allerdings bleibt bestehen: Auch in Zukunft werden die Agenturen von den Verkäufern der bewerteten Papiere bezahlt. Die Befürchtung liegt nahe, dass manche Ratings deshalb zu positiv ausfallen. Die Alternative wäre, eine zusätzliche öffentliche Rating-Agentur zu gründen. Ob dieser Versuch auf europäischer Ebene gelingt, bleibt abzuwarten.


Hedgefonds

Eine ähnliche Regulierung wie bei den Agenturen ist in Bezug auf die Hedgefonds bislang gescheitert. Unter anderem Großbritannien wehrt sich gegen zu starke Regelungen.


Verbot von Leerverkäufen

In London hat sich die Bundesregierung unlängst schon unbeliebt gemacht, als sie ungedeckte Leerverkäufe von Aktien und Staatspapieren der Eurozone in Deutschland untersagte. Damit wollen Finanzminister Wolfgang Schäuble und Kanzlerin Angela Merkel Spekulationsspiralen verhindern, die im Falle Griechenlands fast zum Bankrott des Landes geführt hätten.


Banker-Boni

Die Aussicht auf horrende Erfolgsprämien hätten die Wertpapier-Händler dazu verleitet, zu große Risiken bei ihren Geschäften einzugehen, fanden die G20-Regierungen. Deshalb fassten sie den Beschluss, die Bezahlung zu begrenzen. Diese Bemühungen waren zum Teil erfolgreich. So beschloss der Bundestag 2009 ein neues Gesetz: Seitdem können die Gehälter von Vorständen rückwirkend gekürzt werden, wenn das Unternehmen in Schwierigkeiten gerät. Die Manager haften für Verluste zudem mit größeren Summen. Ihre Aktienoptionen dürfen sie erst nach Jahren einlösen. Die Botschaft dieser Änderungen: Kurzfristige Supergehälter durch Hochrisiko-Spekulation sind nicht mehr erwünscht. Ähnliche Neuerungen gab es auch auf europäischer und globaler Ebene. Dass die Gehälter und Boni der Banker dadurch stark sinken, darf man allerdings bezweifeln. Aber die Spitzen und der Gierfaktor werden beschnitten.


Mehr Eigenkapital

Die Banken müssen bald mehr eigenes Geld als Sicherheit in Reserve halten, wenn sie sich für Geschäfte fremde Mittel leihen. Auch diese Regelung soll dazu dienen, die möglichen Verluste zu verringern. Auf konkrete Zahlen für die Eigenkapital-Anforderungen konnten sich die Regierungen aber bislang nicht einigen.


Auflösung von Banken

Das Financial Stability Board, in dem unter anderem die Notenbanken und Finanzminister der G20-Staaten sitzen, empfiehlt jedem Staat, ein Abwicklungsregime für marode Banken zu etablieren. Einfach gesagt: Auch Großbanken sollen künftig pleitegehen können, indem der Staat die wichtigen Teile übernimmt und den Rest liquidiert. Damit will man vermeiden, bankrotte Institute mit Milliarden Euro Steuermitteln am Leben erhalten zu müssen.


Kasten:

Toronto - das ist der Gipfel

Beim Gipfel der 20 führenden Staaten der Erde (G20) im kanadischen Toronto treffen sich am Wochenende unter anderem die Regierungen der USA, Chinas, Indiens, Brasiliens, Großbritanniens und Deutschlands. Die wichtigste Frage: Was muss noch geschehen, um die Finanz-, Wirtschafts- und Schuldenkrise zu bewältigen? Die Regierungen verhandeln über die Regulierung der Finanzinstitute, die Weltkonjunktur und drittens den Beitrag der Banken zu den Krisenkosten. Im Mittelpunkt der Debatte zum dritten Punkt steht eine Steuer, die jede Finanztransaktion mit einem geringen Satz belegen würde. Doch gut sind die Chancen für die globale Einführung nicht: Die USA und Kanada lehnen die Finanztransaktionssteuer ab. Die EU aber steht inzwischen komplett hinter der Forderung.

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