Die Lösung liegt auf der Hand

Beim Länderfinanzausgleich wird trotzdem weiter verhandelt, um das jeweils Optimale herauszuholen.

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Von Hannes Koch

19. Jun. 2015 –

Viele beanspruchen mehr Geld, keiner will etwas abgeben, außer Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble. So lässt sich die Lage bei dem Mega-Thema der deutschen Finanzpolitik zusammenfassen: dem Länderfinanzausgleich. Am Donnerstag debattierten die Ministerpräsidenten der Bundesländer darüber mit Kanzlerin Angela Merkel. Sicher ist: Es wird nicht die letzte Veranstaltung dieser Art gewesen sein.

 

Die angestrebte Einigung mit dem Bund sei nicht erreicht worden, sagte Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) nach einem Treffen der 16 Länder-Regierungschefs in Berlin. Man peile einen neuen Versuch für diesen Herbst an, hieß es aus dem Kanzleramt.

 

Noch pressiert der Konflikt nicht richtig. Dennoch bleibt nur wenig Zeit bis 2019 – dann läuft die gegenwärtige Regelung aus. Der Länderfinanzausgleich dient dazu, die Steuereinnahmen und die unterschiedliche Finanzkraft der Bundesländer so auszugleichen, dass die Bürger überall – ob in Stuttgart, Chemnitz, München oder Bottrop – materiell möglichst ähnliche Lebensverhältnisse vorfinden.

 

Aus mehreren Gründen ist das gegenwärtige komplizierte Verteilsystem renovierungsbedürftig. Beispielsweise hat die Spitze der Union den Plan gefasst, den steuerlichen Solidaritätszuschlag auf die Einkommensteuer („Soli“) nach und nach abzuschaffen. Das mag einerseits die Steuerbürger freuen, andererseits wird es die östlichen Bundesländer Jahr für Jahr einige Milliarden Euro kosten. Denn ihnen fließt dieses Geld bisher zu einem guten Teil zu.

 

Außerdem haben Bayern und Hessen gegen den Länderfinanzausgleich beim Bundesverfassungsgericht geklagt. Die beiden Landesregierung meinen, sie zahlten gegenwärtig zu viel an die ärmeren Länder, unter anderem an die Hauptstadt Berlin. Das wohlhabende Baden-Württemberg sympathisiert mit dieser Position. Und schließlich gilt für alle Länder ab 2020 die grundgesetzlich festgelegte Schuldenbremse: Neuverschuldung ist dann verboten.

 

Auch die nordrhein-westfälische Landesregierung von SPD-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft kritisiert den augenblicklichen Verteilungsschlüssel. Ihr Finanzminister Norbert Walter-Borjans sagte es unlängst so: „Vor der Umverteilung belegt NRW Platz fünf bei der Einnahmenstärke. Nach allen Ausgleichszahlungen rutscht das Land auf den letzten Platz ab und hat pro Kopf etwa 500 Euro weniger Einnahmen als etwa jedes einzelne der fünf ostdeutschen Länder.“

 

Zusätzlich ärgert die rot-grüne Koalition in Düsseldorf, dass NRW mit einer besonderen Belastung zurechtkommen muss: Unter anderem im Ruhrgebiet sind viele Städte pleite und benötigen finanzielle Unterstützung des Landes. Deshalb findet man in Düsseldorf den neuesten Lösungsvorschlag von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) gar nicht so schlecht. Dieser beinhaltet die Abschaffung des sogenannten Umsatzsteuervorwegausgleichs. Das ist ein Mechanismus, der hohe Konsumsteuer-Einnahmen eines Landes wie NRW zugunsten der ländlichen Regionen Ostdeutschlands umverteilt.

 

Dies freilich gefällt den ostdeutschen Landesregierungen nicht, weshalb die dortigen Ministerpräsidenten den neuen Schäuble-Vorschlag zurückweisen. Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) sagte kürzlich: „Sachsen hat erst 54 Prozent der Steuerkraft des westdeutschen Durchschnitts erreicht.“ Jeder Vorschlag, der den Aufholprozess im Osten schwäche, müsse „aus gesamtdeutschem Interesse abgelehnt werden“.

 

Trotz dieses Für und Widers liegt die Struktur der künftigen Lösung aber schon auf der Hand. Der Bund hat die Möglichkeit, die finanziellen Bedürfnisse der Länder zu befriedigen - die bayerischen ebenso wie die nordrhein-westfälischen und die ostdeutschen. Denn Finanzminister Schäuble schwimmt quasi im Geld. Der Bundeshaushalt ist schon jetzt ausgeglichen. Und den Prognosen zufolge werden die Steuereinnahmen infolge der guten Wirtschaftslage weiter steigen. Schäuble kann es sich deshalb leisten großzügig zu sein. Trotz der Einnahmeverluste wegen des Wegfalls des Solidaritätszuschlags bietet er den Ländern ab 2020 jährlich acht Milliarden Euro zusätzlich. Nicht schlecht, doch die Ministerpräsidenten verlangen zehn Milliarden. Vielleicht wird man sich also in der Mitte bei neun Milliarden Euro treffen.

 

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Länderfinanzausgleich

Bei diesem Mechanismus standen 2014 vier Zahler zwölf Empfängern gegenüber. Größter Geber war Bayern mit 4,85 Milliarden Euro, gefolgt von Baden-Württemberg mit 2,36 Milliarden Euro, Hessen mit 1,75 Milliarden Euro und Hamburg mit 55 Millionen Euro. Wichtigstes Empfängerland war Berlin mit 3,49 Milliarden Euro, gefolgt von Sachsen mit rund einer Milliarde Euro und Nordrhein-Westfalen mit 897 Millionen Euro. Zusätzlich werden die finanziellen Unterschiede zwischen den Bundesländern nivelliert durch die Umverteilung der Umsatzsteuer und die sogenannten Ergänzungszuweisungen des Bundes unter anderem zugunsten der ostdeutschen Länder.

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