Die Milch macht´s nicht mehr

Kommentar von Hannes Koch

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Von Hannes Koch

26. Mai. 2009 –

Der alte Werbespruch hat ausgedient. Die Milch macht´s? Nein, das tut sie nicht mehr. Auch die niedrigere Dieselsteuer, die die Bundesregierung gestern beschlossen hat, wird den Milchbauern langfristig nicht über die Runden helfen. Die Bauern haben keine Chance gegen den Markt.


Grundsätzlich helfen würde den Produzenten nur die Reduzierung der gesamten Produktionsmenge. Das Angebot sänke und der Preis stiege. Doch mit dieser Forderung werden sich die Milchbauern nicht durchsetzen.


Bundeskanzlerin Angela Merkel ist dagegen und auch die EU-Kommission. Denn die Milch ist auf der Prioritätenliste der Politik weit nach hinten gerutscht. In diesem Bedeutungsverlust spiegelt sich die ökonomische Rolle der Landwirtschaft.


Jahrtausendelang waren die Nahrungsmittel knapp. Nun freuen wir uns in Europa an großem Überfluss und gigantischer Auswahl. Versorgungsengpässe sind hier nicht mehr zu erwarten. Aus ehemals kleinen Höfen werden hocheffiziente Fabriken. Auch deshalb nimmt die Zahl der Landwirte permanent ab. Es gibt nur noch 100.000 Milchbauern – Tendenz sinkend. Das sind zu wenige, um starke politische Unterstützung zu mobilisieren.


Wenn die Milchbauern verlangen, die Milchmenge zu verringern, widerspricht das außerdem dem marktwirtschaftlichen System. Aber auch die bevorstehende Rettung von Opel durch den Staat ist nicht im Sinne der reinen Marktlehre. Der Einstieg der Bundesregierung bei der Commerzbank sowieso nicht. Doch darauf kommt es nicht an. Entscheidend ist vielmehr: Wie wichtig nimmt die Politik die Milchbauern noch? Und welche Stellung haben die Milchbauern in der Öffentlichkeit?


Die Antworten müssen für die Bauern enttäuschend ausfallen. Selbst wenn sie Millionen Liter Milch wegschütten oder vor dem Zaun des Bundeskanzleramtes in den Hungerstreik treten, reagiert die Politik kaum. Das Verschwinden der Kühe von den Weiden bereitet fast niemandem Sorgen. Die Veränderungen in der Landwirtschaft werden von den meisten Menschen widerspruchlos akzeptiert. Den Bauern fehlt es an Macht, um ihre Anliegen durchzusetzen.

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