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Die Party ist vorbei

Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer sitzt alle Misserfolge bisher aus. Dabei laufen seine Großvorhaben weitgehend schlecht.

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Von Wolfgang Mulke

22. Feb. 2021 –

„Und jetzt Party“, feuerte Bundesverkehrsminister die Besucher einer Passauer Disco noch 2018 an und tanzte los. Heute wird er sich wohl hüten, den Discjockey zu geben. Die Inszenierung als junger, unkonventionell anpackender Minister ist gründlich danebengegangen. Zum Ende dieser Wahlperiode ist der CSU-Politiker bei weiten Teilen des Wahlvolks unbeliebt. Statt Digitalisierung und Verkehrswende fällt den meisten Bürgern in Zusammenhang mit seinem Namen eher das Mautdesaster ein.

Die Pleite bei der geplanten Einführung der Gebührenvignetten für Autofahrer ist womöglich der Wendepunkt in seiner politischen Karriere. Bis zu 560 Millionen Euro kann es den Steuerzahler kosten, dass Scheuer mit Mautbetreibern Verträge abgeschlossen hat, ohne eine endgültige Bestätigung der Gebühr durch den Europäischen Gerichtshof abzuwarten. Die Richter kippten die Maut. Scheuer will noch immer keine Fehler in dieser Sache eingestehen und klebt an seinem Ministeramt. In kleiner Runde beklagt er sich sogar über die teils harsche und persönliche Kritik einiger Medien an ihm.

Minister mussten auch in seinem Haus schon wegen weitaus geringerer Fehlleistungen gehen. Der Saarländer Reinhard Klimmt (SPD) räumte das Verkehrsministerium im Jahr 2000, nachdem er einen Strafbefehl wegen einer Finanzaffäre rund um seinen Heimatverein 1. FC Saarbrücken erhielt. Günter Krause ging 1993 nach einer Reihe von Affären, die zusammengenommen nicht das Ausmaß der Mautpleite erreichten. Doch Scheuer genießt weiterhin den Rückhalt seines Parteichefs Markus Söder und wohl auch des Vorsitzenden der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Alexander Dobrindt, der als sein Vorgänger das Mautgesetz durch das Parlament brachte. Die Maßstäbe dessen, was sich ein Amtsträger an Fehlern erlauben kann, haben sich offensichtlich verschoben. Das vergrößert den ohnehin schon beträchtlichen Vertrauensverlust der Bürger in die politischen Institutionen.

Noch ist die Affäre Maut nicht beendet. Es steht die Vermutung der Opposition im Untersuchungsausschuss dazu im Raum, dass Scheuer die Abgeordneten belogen und nicht alle Korrespondenz zum Vertragsabschluss offengelegt hat. Es kann gut sein, dass der Minister auch noch die über seine nicht zum Ministerium gehörenden E-Mail-Konten öffnen muss. Sollte sich der Verdacht bestätigen, wäre er nicht mehr zu halten.

So oder so ist die Polit-Party vorbei. Dabei mangelt es Scheuer nicht an kreativen Ansätzen. Haushalten in mit Breitband-Internet unterversorgten Gegenden wollte er beispielsweise Gutscheine für das Surfen über Satelliten spendieren. Und für die Medien führte er anstelle einer angestaubten Pressestelle das Neuigkeitenzimmer ein. Für die Kommunikation holte er einen ehemaligen Boulevardjournalisten ins Haus. Der musste kürzlich gehen, weil Scheuer mit seinem Bild in der Öffentlichkeit unzufrieden ist.

Auf den Christsozialen trifft ein Spruch des früheren Fußballprofis Jürgen Wegmann zu: „Erst hatte wir kein Glück, dann kam auch noch Pech dazu.“ Ein Blick in die Arbeitsbilanz des Verkehrsministers spricht in dieser Hinsicht Bände. Die neue Autobahn GmbH kostet viele Millionen mehr als geplant und kommt nicht recht in Fahrt. Dabei verspricht die Idee, den Bau und Erhalt der Bundesautobahnen von den Ländern auf den Bund zu übertragen, mehr Effizienz und ein besseres Kostenmanagement. Kein Glück hatte Scheuer bisher auch mit der Reform der Straßenverkehrsordnung. Erst trat sie in Kraft, dann ruderte Scheuer wieder zurück, weil ihm Fahrverbote bei vergleichsweise geringen Tempoverstößen viel Kritik eintrugen und das Gesetz durch Formfehler außer Kraft gesetzt wurde. Damit liegen viele Verbesserungen für Radfahrer auf Eis.

Die Misserfolge sind jedoch nur ein Teil der Bilanz. Scheuer kann auch gute Leistungen für sich reklamieren. Da ist vor allem das Logistik-Management in der ersten Phase der Corona-Krise zu nennen. Die Grenzen waren geschlossen und die Versorgungsketten unterbrochen. Scheuer hat es gemeinsam mit seinen europäischen Amtskollegen geschafft, die Warenlieferungen schnell wieder zu normalisieren. Auch die vielen Milliarden Euro für den Ausbau der Bahn, kann sich Scheuer gutschreiben. Zusammen mit dem Schienenbeauftragten der Bundesregierung, Enak Ferlemann, hat er die Modernisierung des Schienenverkehrs angetrieben. Doch auch hier kommt wieder Pech dazu. Die Pandemie fährt die Bahn ganz tief in die finanzielle Krise.

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