„Die Politiker müssen der Wirtschaft folgen“

Vordenker der Wirtschaft

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Von Wolfgang Mulke

23. Dez. 2013 –

Wie ein grüner Vordenker sieht Pavan Sukhdev nicht gerade aus, eher wie ein Investment-Banker. Der smarte Inder trägt seine Thesen gern im feinen Anzug vor. Das soll wohl auch zeigen, dass er ein Mann der Wirtschaft ist. Tatsächlich hat er lange als Manager für die Deutsche Bank gearbeitet. Vielleicht ist es auch die Erfahrung aus einem Zentrum der Weltfinanzen, die seine wichtigste Erkenntnis hervorgebracht hat. Ohne die Unterstützung der Wirtschaft wird es weder einen wirksamen Klimaschutz noch einen vernünftigen Umgang mit den begrenzten Rohstoffen der Welt geben. „Wir brauchen neue politische Formate“, sagt der Ex-Banker, „eine Art G20-Treffen der wichtigsten Firmenchefs.“ Zusammen

mit den führenden Politikern der mächtigsten Länder sollen sie Standards für ein nachhaltiges Wirtschaften setzen.

 

Für die Uno leitete Sukdev die Initiative Grüne Wirtschaft, später entwickelte er das Modell der „Corporation 2020“, die den Weg in eine nachhaltige Ökonomie ebnen soll. Ohne die aktive Beteiligung der großen Konzerne wird es seiner Meinung nach keine Veränderungen geben können. Denn Google, BP & Co sind die wahren Herren der Welt. Sie erbringen 60 Prozent der weltweiten Wirtschaftsleistung und stellen sieben von zehn Arbeitsplätzen. Ausgerechnet die Konzerne, die sich aus reinem Gewinninteresse rücksichtslos an den natürlichen Ressourcen vergreifen, Gewinne privatisieren und Verluste der Gesellschaft überlassen, sollen den Wandel herbeiführen.

 

Sukhdev hält das bislang übliche Geschäftsmodell für hinfällig."Die Unternehmen funktionieren noch im Stil von 1920", kritisiert er. Das war das Zeitalter von Henry Ford, der entgegen dem vorherrschenden Bildes, die monotone Fließbandarbeit zur Norm gemacht zu haben, auch eine soziale Seite hatte. Dazu gehört zum Beispiel, dass sich jeder Amerikaner ein T-Modell leisten können sollte. Alleinige Gewinnmaximierung war sein Credo nicht, bis Richter ihm in einem bis heute nachwirkendem Urteil dazu trieben. Sie urteilten in einem Streit zwischen Ford und Minderheitsaktionären 1919 indirekt, dass der Zweck einer Aktiengesellschaft die Gewinnmaximierung ist. Diese Sichtweise ist bis heute Mehrheitsmeinung bei Eigentümern, Managern und letztlich auch Sparern und Investoren aller Art.

 

Das will Sukhdev ändern. „Es gibt eine Lösung“, versichert der Banker. Dazu hat der frühere Manager vier Vorschläge entwickelt, die aus dem reinen Profitdenken ein gesellschaftlich verträgliches Wirtschaften machen sollen. So will Sukhdev den Einsatz von Fremdkapital begrenzen, damit großen Unternehmen keine übermäßigen Risiken mehr eingehen können, für die sie nicht haften müssen, die schlimmstenfalls aber ganze Staaten mit in den Abgrund reißen können. Zweitens sollen die ökologischen Kosten von der Produktion bis hin zum Konsumenten in die Bilanzen einfließen. Ein entsprechendes Bilanzsystem hat er schon entwickelt. Und Vorreiter unter den Unternehmen, zum Beispiel Puma, Walmart oder Unilever haben die Idee übernommen.

 

Der dritte Ansatzpunkt ist eine verstärkte Besteuerung des Ressourcenverbrauchs oder anderer nachteiliger Folgen der Produktion wie der CO2-Ausstoß. Damit könnten der sanfte Umgang mit der Umwelt mit ökonomischen Interessen der Unternehmen verbunden werden. Schließlich will Sukhdev die Werbung und das Lobbyistentum einschränken. Beides behindert seiner Meinung nach eine Veränderung hin zur Nachhaltigkeit. Geschehen soll dies alles in einer Zusammenarbeit von Wirtschaft und Politik. Wer dabei die Initiative übernehmen muss, ist für den Finanzfachmann auch klar. „Wir sind die Führungskraft“, sagt er, „die Politiker müssen folgen.“

Kasten

 

Pavan Sukhdev begann seine Karriere 1994 bei der Deutschen Bank. Bis 2008 leitete er die Wertpapier- und Handelssparte des Instituts in Indien. Der Naturfreund sattelte anschließend um und leitete unter anderem die EU-Studie zur ökonomischen Bewertung der Artenvielfalt und des Ökosystems. Mittlerweile führt der gebürtige Inder die Kampagne „Corporation 2020 – Warum wir Wirtschaft neu denken müssen“ an.

 

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