Die Politisierung der Ökonomie

Kommentar von Hannes Koch

Teilen!

Von Hannes Koch

09. Jan. 2009 –

Die alten Wörter taugen nicht mehr. Es ist keine Verstaatlichung der Commerzbank, wenn die Bundesregierung im Zuge der Finanz- und Wirtschaftskrise nun 25 Prozent des angeschlagenen Institutes übernimmt – da hat SPD-Chef Franz Müntefering durchaus Recht. Der Begriff „Verstaatlichung“ stammt aus den vergangenen Zeiten des Klassenkampf zwischen Arbeit und Kapital.

 

Heute geht es nicht mehr darum, den Unternehmern das Handwerk zu legen und ihnen ihre Fabriken wegzunehmen. Der Sozialismus steht nicht auf der Tagesordnung. Die Intervention der Bundesregierung ist aus der Not geboren. Sie weiß sich nicht anders zu helfen, um die schlimmste Wirtschaftskrise seit den 1930er Jahren einzudämmen. Die Politiker stürmen die Vorstandsetagen nicht mit fliegenden Fahnen, eher sind sie erstaunt und ängstlich angesichts ihrer plötzlichen Macht.

 

Nun passiert etwas Neues. Die Logik des Gemeinwohls gewinnt die Herrschaft zurück über die Logik des maximalen unternehmerischen Profits. In den vergangenen Jahrzehnten hatten sich viele Banker und Manager eingebildet, aus der Verantwortung für das Gemeinwohl aussteigen zu können. Ihr Streben nach fantastischen Renditen von 30 Prozent hat zur Finanzkrise wesentlich beigetragen. Jetzt, da der Schaden für die Allgemeinheit eingetreten ist, fasst sich die Politik ein Herz und stutzt den ökonomischen Egoismus zurück. Eigentlich handelt es sich um die Politisierung und Demokratisierung der Ökonomie.

 

Dies zeigt sich an mehreren Beispielen. Banken, die bestimmte Hilfen beanspruchen, müssen die Gehälter ihrer Vorstände auf ein sozialverträgliches Maß reduzieren und dürfen ihren Anteilseignern keine Dividende zahlen. Unternehmen, die in den Genuss des Konjunkturprogramms kommen, wollen auf Entlassungen verzichten. Und Bundeskanzlerin Angela Merkel schlägt etwas vor, was bislang schlechterdings unmöglich erschien: Die Einrichtung eines Wirtschaftsrates bei den Vereinten Nationen. Dieses dem Sicherheitsrat vergleichbare Gremium solle die globale Wirtschaft beaufsichtigen, so Merkel.

 

Das Primat der Politik markiert der Beginn einer neuen Ära. Auf lange Zeit wird es nicht nur den Spielraum der Unternehmen einengen, sondern auch die Institutionen verändern – etwa auf europäischer Ebene. Auch die oft wirtschaftsfreundliche Haltung der EU-Kommission dürfte allmählich einer Politik weichen, die stärker auf sozialen Ausgleich setzt.

« Zurück | Nachrichten »