Die schwere Flucht aus der Kundenkartei

Verbraucherzentralen beklagen Desinteresse der Bundesregierung an Schutz im Internet / Daten wieder löschen zu lassen, fällt vielen Surfern schwer

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Von Wolfgang Mulke

07. Dez. 2011 –

Auf den meisten Internet-Seiten können Surfer sich leicht mit ihren persönlichen Daten anmelden. Die Informationen wieder zu beseitigen, fällt dagegen häufig schwer. Zu diesem Ergebnis kommt der Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv) nach Auswertung einer repräsentativen Umfrage unter rund 1.500 Erwachsenen. „Jeder zweite Internetnutzer fand die Möglichkeit zum Löschen erst nach längerem Suchen“, kritisert vzbv-Chef Gerd Billen.


Nur jede dritte Webseite bietet demnach einen einfachen Weg aus der elektronischen Kundenkartei an. Nun fordert der Verband eine Änderung des Telemediengesetzes. Darin sollen Vorgaben für eine verbraucherfreundliche Auflösung der Konten vorgeschrieben werden, zum Beispiel ein Löschbutton auf der Startseite.


Doch es mangelt offenkundig an politischer Unterstützung für diesen Wunsch. „Es gibt im Innenministerium keine erkennbare Neigung, den Datenschutz für Verbraucher zu verbessern“, stellt Billen fest. Der vzbv würde diesen Bereich deshalb lieber dem Verbraucherministerium zuordnen. Auch das Wirtschaftsministerium bremse, klagt Billen, in dem es auf eine anstehende EU-Regelung dazu verweise. Das bedeute noch Jahre bis zu einer Umsetzung im deutschen Recht.


Das Problem ist weit verbreitet, wie die Umfrage belegt. Nur jeder fünfte verfügt über gar keinen Zugang zu einem Webportal, bei dem man sich anmelden muss. Ein Viertel hat sich in fünf oder mehr Portalen eingetragen. Die Verbindung zu einem Sozialen Netzwerk, einem Onlinehändler, zu Maildiensten, Spieleplattformen oder Musik- und Filmportalen hat jeder Dritte schon einmal gekappt. Bei guten Unternehmen klappt das reibungslos. Doch jeder zehnte Anbieter verlangte Gründe für die Abmeldung, 20 Prozent wollten nur bei einer schriftlichen Kündigung per Mail die Daten löschen. Jeder Dritte klagt über einen komplizierten und undurchsichtigen Vorgang und oft gab es keine Bestätigung des Unternehmens über die Kontolöschung. „Es kann nicht sein, dass ich im Kaufhaus festgehalten werde und die Tür nicht finde“, sagt Billen.


Viel Vertrauen in den seriösen Umgang mit den persönlichen Daten haben die Surfer nicht. Nur ein Viertel glaubt, dass Daten auch tatsächlich wie gesetzlich vorgeschrieben aus den Speichern verschwinden. Eine Überprüfung ermöglichen der noch vorhandenen Informationen ermöglichen die wenigsten Firmen. Allerdings gibt es nach Beobachtung des vzbv auch vorbildliche Unternehmen. Bei den anderen rangiert offenkundig das wirtschaftliche Interesse vor dem der Kunden. Denn je mehr Nutzer auf einer Webseite eingetragen sind, desto höher fallen die Werbeerlöse in der Regel aus. Beweisen lässt sich diese These jedoch nicht.


Bald wird sich auch der Bundestag zwangsweise mit dem Datenschutz im Internet befassen müssen. Der vzbv hat eine Petition eingereicht, die von mittlerweile 12.000 Bürger unterstützt wird. „Weniger Stress im digitalen Leben“, heißt der Vorschlag des Verbands, der eine Änderung des Bundesdatenschutzgesetzes anstrebt. Damit sollen die Anbieter im Netz verpflichtet werden, die Voreinstellungen auf ihre Webseiten grundsätzlich auf einen maximalen Datenschutz auszurichten.





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