Die Suche nach dem freien Auto
Carsharing nimmt zu. Nur eine kleine Minderheit verzichtet allerdings auf den Privatwagen. Warum?
26. Feb. 2013 –
Die gemeinsame Nutzung von Autos erfreut sich zunehmender Beliebtheit. Weil sie kein eigenes Fahrzeug benötigten, nutzten im vergangenen Jahr immerhin 453.000 Bundesbürger Carsharing-Angebote. Das waren etwa 200.000 Personen mehr als 2011.
Für das kurzfristige Mieten von Fahrzeugen existieren heute vor allem zwei Modelle. In Städten wie Freiburg, Mannheim, Aschaffenburg oder Berlin können Nutzer Fahrzeuge an festen Stationen buchen, abholen und dort wieder abstellen. In einigen Großstädten wie Hamburg, Köln, Düsseldorf oder München kann man außerdem Autos nutzen, die irgendwo am Straßenrand stehen. Man öffnet den Wagen mit einem Chip, fährt los, und lässt ihn an einem beliebigen Platz zurück.
Besonders diese zweite Variante hat sich 2012 stark verbreitet. Rund 150.000 Nutzer kamen hinzu. Drei Unternehmen bieten das Modell inzwischen an: DriveNow, car2go und Multicity – alle Ableger von Autokonzernen. Weil die Buchung der Fahrzeuge mit Programmen für Smartphones gekoppelt ist, steigen dabei viele jüngere Autofahrer ein. Sie schätzen offenbar die schnelle und flexible Art der Nutzung, die ohne komplizierte Buchungsvorgänge auskommt.
Bei den Firmen, die ihre Fahrzeuge von festen Stationen aus betreiben, dominieren dagegen Nutzer im mittleren Alter zwischen 30 und 50 Jahren. Auch diese Gruppe wuchs 2012 um rund 50.000 Personen, gab der Bundesverband CarSharing am Dienstag bekannt. Der Wunsch, sich umweltfreundlicher zu verhalten, dürfte hier ein wesentlicher Antrieb sein – kombiniert mit der Erkenntnis, dass das eigene Auto die meiste Zeit nutzlos herumsteht. Carsharing-Stationen gibt es bereits in 343 deutschen Städten und Gemeinden.
Trotz dieser Zunahme bilden die Carsharing-Freunde bislang ein kleine Minderheit, die weniger als ein Prozent aller Autofahrer ausmacht. Woran liegt das? Ein Grund dürfte sein, dass Carsharing nicht unbedingt eine günstige Variante des Autofahrens darstellt. Wer beispielsweise gerne hin und wieder einen Sonntagsausflug auf´s Land unternimmt und den Wagen häufiger für den abendlichen Konzertbesuch braucht, muss monatlich mit dreistelligen Eurobeträgen als Mietgebühr rechnen. Ein abgeschriebenes, zehn Jahre altes Auto mit niedrigen Reparaturaufwendungen kann dagegen billiger sein. Anders sieht die Rechnung freilich aus im Vergleich mit den Vollkosten eines Neuwagens. Für ein privates Fahrzeug der Golf-Klasse muss man inklusive Abschreibung mit 400 bis 500 Euro monatlich rechnen. Für diesen Betrag kann man viele Carsharing-Fahrten buchen.
Gegen die gemeinschaftliche Autonutzung spricht auch das Bedürfnis der Flexibilität. Der eigene Wagen steht immer vor der Türe und wartet. An einer Carsharing-Station muss man das Auto dagegen oft Tage vorher buchen, damit man am Samstagabend auch eines bekommt. Das erfordert Vorausplanung, die manche Zeitgenossen überfordert.
In diese Lücke stoßen nun die so genannten Free-Floating-Anbieter, deren Fahrzeuge mittlerweile in einigen Großstädten zur freien Verfügung herumstehen. Wer per Smartphone feststellt, dass in seiner Nähe gerade ein freier Wagen wartet, ist unkompliziert und schnell unterwegs. Andererseits gibt es auch hier Nachteile: Der Weg zum Kino mag klappen, aber nach Ende der Vorstellung ist der Wagen verschwunden, weil ihn ein anderer brauchte. Es regnet aus Eimern. Und jetzt?
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UBA empfiehlt Carsharing
Jochen Flasbarth, der Chef des Umweltbundesamtes, empfahl Carsharing am Dienstag als „undogmatische Alternative zum eigenen Auto“. Durchschnittlich ersetze ein Mietfahrzeuge vier Privatwagen. Das schaffe unter anderem Platz in den Städten für andere Nutzungen, so Flassbarth. Er setzte sich dafür ein, dass die Bundesregierung das Carsharing steuerlich begünstigen solle, beispielsweise mit dem verringerten Mehrwertsteuersatz.