„Die Versorgung ist gerecht“

Der Vorsitzende des Deutschen Beamtenbundes (dbb), Peter Heesen, verteidigt die Sonderstellung der Staatsdiener.

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Von Wolfgang Mulke

25. Jan. 2010 –


 

In der vergangenen Woche sorgte eine Studie für böses Blut. Danach sind Beamte durch ihre Pensionsansprüche viel vermögender als andere Beschäftigte. Der Vorsitzende des Deutschen Beamtenbundes (dbb), Peter Heesen, verteidigt die Sonderstellung der Staatsdiener. Der 62-jährige Heesen leitet die Beamtengewerkschaft seit 2003.

 

 

Frage: Haben Sie Verständnis für die heftige Debatte gute Versorgung der Beamten?

 

Peter Heesen: Für die Reaktion habe ich Verständnis, weil vordergründig der Eindruck entsteht, dass es ungerecht zugeht. Aber das ist nicht so. Wir haben 2003 mit der Bundesregierung vereinbart, dass alle Kürzungen bei der gesetzlichen Rente wirkungsgleich auf die Beamtenversorgung übertragen werden.

 

Frage: In einer Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) haben Forscher ausgerechnet, dass Beamte mit ihren Pensionsansprüchen über doppelt so hohe Vermögen verfügen wie vergleichbare Arbeitnehmer in Privatunternehmen. Ist das gerecht?

 

Heesen: Zunächst einmal muss man die Versorgung der Beamten im Lichte der Verfassung sehen. Beamte haben eine andere Rechtsstellung als privat Beschäftigte. Rechte, die andere Arbeitnehmer haben, hat der Beamte nicht. Er darf keine Arbeitskämpfe führen und nicht streiken. Im Gegenzug gilt der Grundsatz der Alimentation als Ausgleich dafür, das heißt, der Staat muss seine Bediensteten versorgen. Dieser Anspruch leitet sich stets vom letzten Amt ab. Unter dem Verfassungsaspekt ist die Versorgung gerecht, denn so erkauft sich der Staat den Verzicht auf Arbeitnehmerrechte.

 

Frage: … ist das nicht ein zu üppiger Ausgleich?

 

Heesen: Es gibt noch einen zweiten Grund für die vergleichsweise hohen Ruhestandsbezüge. Die Beamten sind in der Regel höher qualifiziert als andere Beschäftigte. In der Wirtschaft liegt der Anteil der Arbeitnehmer mit Fachhochschulausbildung oder mehr bei 11,6 Prozent. Bei den Beamten hat fast jeder zweite mindestens diesen Abschluss. Die Struktur der Ausbildung führt auch zu höheren Versorgungsansprüchen.

 

Frage: Selbst Beamte im einfachen oder mittleren Dienst haben durchschnittlich viel höhere Versorgungsbezüge als vergleichbare Rentner, weil für die Rentenberechnung das Einkommen im gesamten Arbeitsleben zugrunde gelegt wird, für Pensionen die Vergütung der letzten beiden Jahre. Das finden Sie gerecht?

 

Heesen: Das ist nicht der Maßstab für die Diskussion. Es ist Verfassungsrecht. Es hat ja jeder die Möglichkeit, Beamter zu werden. Ich verstehe diesen Punkt in der Neiddebatte nicht. Der Alimentationsgrundsatz ist ein gerechtfertigtes Privileg. Außerdem wird gerne vergessen, dass die Pensionen schon immer voll versteuert werden mussten. Netto ist der Unterschied viel geringer als es der Bruttowert erscheinen lässt.

 

Frage: Wäre es nicht gerecht, die Pensionsansprüche am durchschnittlichen Verdienst über das gesamte Berufsleben zu orientieren als am letzten Einkommen?

 

Heesen: Dann muss der Gesetzgeber die Verfassung ändern. Rückwirkend geht das aber nicht. Den Beamtenstatus abzuschaffen wäre auch unbezahlbar. Dann müsste der Staat für alle bestehenden Dienstverhältnisse die Versorgung gewährleisten und zugleich für alle neuen Bediensteten Sozialabgaben leisten. Wir haben ja Kürzungen zugestimmt, zum Beispiel wird von jeder Lohnerhöhung ein Teil für eine kapitalgedeckte Altersvorsorge abgezweigt. Ab 2017 werden damit Pensionszahlungen mitfinanziert. Ich plädiere dafür, diesen Weg noch weiter zu gehen.

 

Frage: Beamte bezahlen keine Beiträge zur Altersvorsorge und haben damit mehr netto in der Tasche. Auch sind die Beiträge zur Krankenkasse in den ersten Jahren geringer und die Gesundheitsleistungen besser als bei anderen Beschäftigten. Unterschlagen Sie diese Vorteile nicht einfach?

 

Heesen: Beides stimmt nicht. Die Krankenversicherungsbeiträge sind nicht geringer, weil sich die private Krankenversicherung einen Dreck um die Einkommenssituation der Beamten kümmert und ihre Prämien davon unabhängig gestaltet. Die Nachteile werden auch durch die Beihilfe des Staates nicht ausgeglichen. Für Bund und Länder ist dieses System preiswerter. Sonst würden sie es nicht machen. Mehr netto für Beamte ist auch nur vordergründig richtig. Unter Adenauer wurden die Bruttozahlungen für die Beamten um damals neun Prozent gekürzt. Das Minus entsprach dem damaligen Rentenbeitrag der Beschäftigten. Dieses Minus bei der Bruttozahlung gilt seitdem. Der Vorwurf trifft als nur formal zu, aber nicht praktisch. Das gilt auch für die gesamte Diskussion. Man muss die Besoldung und Versorgung als Gesamtsystem betrachten. Dann geht die Kritik ins Leere.

 

 

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