Die Wärmepumpe ist nicht deutsch

Trägt die Bundesregierung Schuld daran, dass der Heizungsbauer Viessmann verkauft wird?

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Von Hannes Koch

28. Apr. 2023 –

Selten kommst es vor, dass so aufgeregt über den Verkauf eines deutschen Unternehmens diskutiert wird. Die Eigentümer der Heiztechnikfirma Viessmann aus Allendorf in Hessen haben beschlossen, den größten Teil des Unternehmens, vor allem das Geschäft mit den Wärmepumpen, für zwölf Milliarden Euro an den US-Konzern Carrier zu veräußern.

Nun werfen Politikerinnen und Politiker wie Jens Spahn, Julia Klöckner (beide CDU) und FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai vor allem den Grünen vor, die Bürger und die Wirtschaft mit der schnellen Transformation zur Klimaneutralität zu überfordern. Das Gebäudeenergiegesetz zum Heizungstausch sei daran Schuld, dass ausländische Konzerne auf den deutschen Markt drängten, einen Mittelständler wie Viessmann unter Druck setzten, und die Amerikaner ihn schluckten. Spahn sprach vom „Ausverkauf der deutschen Wärmepumpe“.

Die Wärmepumpe ist nicht deutsch. Der Wärmepumpenmarkt ist global. Die größten Hersteller sitzen unter anderem in Japan und Südkorea. Viessmann, Bosch und Vaillant haben zwar teilweise Know-how- und Qualitätsvorteile, aber den Nachteil, dass sie im globalen Wettbewerb mit kapitalstarken Massenherstellern konkurrieren müssen. Das deutsche Gebäudeenergiegesetz, das Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) mit teilweiser Unterstützung der SPD und FDP, teilweise aber auch gegen deren Vorbehalte vorantreibt, hat also den globalen Markt nicht gemacht. Der hat sich schon früher entwickelt. Sonst gäbe es die großen asiatischen Anbieter nicht.

Der Weltmarkt dehnt sich nun aus, weil die internationale Klimapolitik etwa in Gestalt des Paris-Abkommens den weltweiten Ausstoß von Treibhausgasen vermindern will. Elektrische Wärmepumpen sind eine Technik, um diesem politischen Konsens wirtschaftlich nachzukommen. Denn, mit Ökostrom angetrieben, verursachen sie kein klimaschädliches Kohlendioxid und stellen eine sehr effiziente Heizungstechnik dar.

Die neuen Gesetze in Deutschland und Europa (Gebäudeenergiegesetz, Green Deal der EU) bewirken jetzt zweierlei: Sie treiben den Klimaschutz voran. Und sie vergrößern den deutschen und europäischen Markt für Wärmepumpen. Damit machen sie ihn für ausländische Firmen interessanter, als er vorher war. Das kann man als Fehler der Regierung betrachten. Doch das Gebäudeenergiegesetz tut nichts anderes, als den internationalen politischen Konsens hierzulande umzusetzen und eine Technik zu begünstigen, die dabei hilft.

Nun steht Viessmann vor dem Problem, dass beispielsweise der Marktführer Daikin aus Japan so viel Umsatz macht, wie die drei größten deutschen Wärmepumpenhersteller zusammen. Man kann sagen: Viessmann ist zu klein, um auf dem umkämpften Weltmarkt sicher zu überleben. Also holen sich die Deutschen einen Partner herein – die US-Firma Carrier.

Mit dem Zusammenbruch der hiesigen Solarindustrie vor zehn Jahren ist dieser Vorgang nicht zu vergleichen. Der Vorwurf der Union, Viessmann gehe den unheilvollen Weg von Q-Cells und Solarworld, ist falsch. Der Exitus damals hatte zwei Ursachen: Die Bundesregierungen unter Führung der Union kürzten die Förderung für die Ökoenergie, weil sie befürchteten, sie würde die Strompreise zulasten der Privathaushalte und Firmen zu sehr verteuern. Außerdem subventionierte China seine Solarindustrie massiv. Dumpingkonkurrenz und wegbrechender Heimatmarkt machten hiesigen Unternehmen damals den Garaus.

Die Lage im Falle Viessmann ist eine andere: Wegen der unterstützenden politischen Regulierung wächst der deutsche und europäische Markt, die Förderung nimmt zu. Das US-Unternehmen Carrier ist im Übrigen nicht subventionsgetrieben, es ist kein unfairer Wettbewerber. Die Aussichten sind deshalb nicht schlecht, dass Viessmann und Carrier zusammen den deutschen, den europäischen und auch den Weltmarkt von hier aus mit großen Zahlen von Wärmepumpen versorgen werden.

Dass Viessmann das nicht alleine zu schaffen meint, liegt nicht an der aktuellen, vermeintlich zu schnellen Gesetzgebung. Wenn man schon einen Zusammenhang herstellen will zwischen Regulierung und Unternehmen, wirkt er in diesem Fall eher umgekehrt: Hätten die Union-geführten Bundesregierungen mit FDP und SPD früher auf Klimapolitik gesetzt, wäre der hiesige Wärmepumpenmarkt nun weiter entwickelt, Viessmann wäre wahrscheinlich größer und bräuchte vielleicht keinen Partner.

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