Die wichtigsten Fragen und Antworten zur US-Geldpolitik

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Von Wolfgang Mulke

18. Dez. 2008 –

Warum haben die Amerikaner die Zinsen fast auf Null gesenkt?

 

Grundsätzlich treiben niedrige Zinsen aber die Wirtschaft an. Für Unternehmen wird es billiger, sich Geld für Investitionen zu beschaffen. Privatleute können günstiger auf Pump konsumieren oder bauen. Nach Einschätzung des Konjunkturexperten des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Christian Dreger, dauert es ein Jahr, bis sich der Schritt auf die Wirtschaft auswirkt. Allerdings hegen viele Experten Zweifel daran, dass diese Rechnung aufgeht. Dann müssten die Banken die niedrigen Zinssätze auch an ihre Kunden weitergeben. Stattdessen horten die Institute aber das Geld und leihen es nur zu ungünstigen Konditionen aus. Laut Dreger steckt die US-Wirtschaft zudem in einer strukturellen Krise. Damit sind zum Beispiel die Autobauer gemeint, die durch eine verfehlte Modellpolitik in die Krise geraten sind und erst einmal saniert werden müssen. An der schlechten wirtschaftlichen Lage wird sich durch den Schritt der Zentralbank also vorerst nichts ändern.

 

Werden sich nun auch in Europa die Banken bald kostenlos Geld bei der Europäischen Zentralbank ausleihen können?

 

So tief wie in den USA werden die Zinsen im Euroraum nach Meinung der meisten Experten nicht sinken. Trotzdem wird auch die Europäische Zentralbank (EZB) die Zinsschraube in den nächsten Monaten lockern. Erwartet wird ein Zinsniveau von einem Prozent im kommenden Frühjahr. Momentan liegt der Zinssatz noch bei 2,5 Prozent. Inflationsgefahren gehen von den anstehenden Zinsschritten derzeit nicht aus. Die Teuerungsrate ist nach dem �l- und Energiepreisschocks im Sommer wieder deutlich gesunken. 2009 werden die Preise durchschnittlich um weniger als ein Prozent steigen. Deshalb kann die EZB problemlos den Amerikanern folgen.

 

Was bedeutet dies für die Unternehmen und Verbraucher in Deutschland?

 

Wenn die EZB die Zinsen senkt, werden die Geschäftsbanken Kredite billiger anbieten können. Zumindest bei den Privatkunden dürften sie dies auch tun. Der Autokauf mit einer Finanzierung oder der Baukredit werden günstiger. Ob sich die Kreditsituation auch für Unternehmen entspannt, ist schwer vorherzusagen, weil die Banken derzeit sehr vorsichtig bei der Kreditvergabe sind. Mit einer gewissen Verzögerung beflügeln die Zinssenkungen dann auch die Konjunktur hierzulande. Aus dem Abschwung wird schneller wieder ein Aufschwung als bei hohen Zinsen.

 

Die USA türmen gewaltige Schuldenberge auf, um die Finanzkrise zu bewältigen und den Abschwung zu bekämpfen. Wer bezahlt die Rechnung am Ende?

 

Die Schwindel erregend hohen Summen, die die USA zur Krisenbewältigung in die Hand nehmen, stellen laut DIW bei genauer Betrachtung kein allzu groÃ?es Problem dar. Die Verschuldung beträgt etwa drei Viertel einer jährlichen Wirtschaftsleistung, also des Bruttoinlandsproduktes. â??Da ist noch Luft nach obenâ??, versichert Dreger. Länder wie Japan oder Belgien sind mit weit mehr als dem BIP eines Jahres verschuldet, ohne dass dies gravierende Folgen zeitigt.

 

Hat der Dollar noch eine Zukunft als Weltwährung?

 

Tendenziell gerät der Dollar gegenüber anderen Währungen unter Druck. Der Euro hat in den letzten Tagen schon wieder massiv an Wert gegenüber der US-Währung gewonnen. Ein Ersatz für den Dollar als Weltwährung ist aber nicht in Sicht. Die USA sind nach wie vor die stärkste Volkswirtschaft der Welt und werden dies auch trotz der Krise noch bleiben. Zudem haben die �lländer, China und Japan kein Interesse an einem Verfall der US-Währung. Denn diese Staaten sitzen auf riesigen Dollarbergen, deren Wert dann drastisch sinken würde.

 

Sinken die deutschen Exporte weiter, wenn der Dollarkurs gegenüber dem Euro fällt?

 

Für die Exportwirtschaft ist ein steigender Eurokurs schlecht. Denn die Produkte aus Deutschland werden teurer. Da aber nur ein Teil der Ausfuhren in den Dollarraum geht, sind die Auswirkungen begrenzt. Umgekehrt werden Importe preiswerter. Das könnte sich vor allem beim Erdöl positiv bemerkbar machen.

 

 

Zu niedrige Zinsen nach dem Terroranschlag vom 11. September 2001 haben die Finanzkrise mit ausgelöst. Macht die US-Notenbank jetzt nicht denselben Fehler wie damals?

 

Die Auswirkungen können erst in einigen Jahren bewertet werden. Nach 2001 haben eine ganze Reihe von Fehlentwicklungen in den USA zur Bildung einer Spekulationsblase auf dem Immobilienmarkt geführt. Billige Kredite waren eine Ursache, fehlende Kontrollen der Finanzmärkte eine andere. Ob sich diese Entwicklung nun wiederholt, wird von Experten eher bezweifelt.

 

Wann geht es mit der Wirtschaft wieder aufwärts?

 

Genau wei� dies niemand. Das DIW sieht aber die europäischen Länder besser für die Krisenbewältigung gewappnet. Ein gro�er Teil der Wirtschaftsforscher geht von einer Erholung in Deutschland in der zweiten Jahreshälfte 2009 aus. In den USA kann es dagegen länger dauern, bis der Abschwung beendet ist.

 

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