„Die Zahl der Pflegefälle wird steigen“

Ökonomin Kochskämper vom IW Köln begründet, warum später mehr Menschen Hilfe brauchen

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Von Hannes Koch

14. Jul. 2014 –

Hannes Koch: Sie nehmen an, dass die Kosten der Pflege ab 2020 massiv steigen. Was sind die Ursachen?

 

Susanna Kochskämper: Bis 2020 wächst die Zahl der über 65-Jährigen in Deutschland um eine Million auf 18 Millionen Menschen. Und dann gehen die sogenannten Babyboomer nach und nach in Rente. Das sind die Angehörigen der geburtenstarken Jahrgänge wie beispielsweise 1961. Deshalb kommen bis 2030 nochmals vier Millionen Ältere hinzu.

 

Koch: Warum ergibt sich daraus ein Finanzproblem der Pflegeversicherung?

 

Kochskämper: Weil einerseits mit der Zunahme der Pflegefallzahlen der Versorgungsbedarf steigt, selbst wenn die Kosten im Einzelfall gleich bleiben. Andererseits könnten die Einnahmen der Pflegeversicherung zurückgehen. Denn die Anzahl der Beschäftigten, die relativ hohe Beiträge einzahlen, wird schrumpfen, während die Zahl der Rentner, die aufgrund eines vergleichsweise geringen Alterseinkommens auch niedrigere Beiträge entrichten, steigt.

 

Koch: Kann es nicht sein, dass die künftige Rentnergeneration gesünder lebt als die gegenwärtige und deshalb weniger pflegebedürftig wird?

 

Kochskämper: Auch diese Möglichkeit haben wir in einem unserer drei Szenarien berücksichtigt. Selbst wenn für jeden Einzelnen das Pflegefallrisiko sinkt, überwiegt noch die Alterung der geburtenstarken Jahrgänge den Effekt. Auch bei steigender Gesundheit muss man von einem Plus von einer Million Pflegefällen im Jahr 2050 ausgehen. Das andere Extrem wäre ein verschlechterter Gesundheitszustand. Der könnte bis zur Mitte des Jahrhunderts sogar 1,7 Millionen zusätzliche Pflegefälle nach sich ziehen.

 

Susanna Kochskämper ist beim Institut der deutschen Wirtschaft Expertin für Soziale Sicherung

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