Dollarzeichen in den Augen

Deutsche Wirtschaft hofft auf Milliardenmarkt Iran. Die Sanktionen wirken aber noch nach, weil die Finanzwirtschaft eigen Bogen um den Erdölstaat macht.

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Von Wolfgang Mulke

04. Mär. 2016 –

 

Lange haben die Abgesandten der deutschen Wirtschaft mit gebundenen Händen in ihrem Teheraner Büro gesessen. Das Embargo verbat ihnen den Aufbau lukrativer Geschäfte. Doch nun, nachdem die Sanktionen gegen den Gottesstaat aufgehoben worden sind, könnte sich die jahrelange Kontaktpflege auszahlen. In den 1970er Jahren unter dem westliche orientieren Schah Reza Pahlewi war der Iran nach den USA der zweitwichtigste Handelspartner außerhalb der EU. Das könnte das Land bald wieder werden. „Das ist der nächste Traum, an dem wir arbeiten“, sagt der für die Außenwirtschaft zuständige Chef des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK), Volker Treier.

 

Eine Tagung mit iranischen und deutschen Unternehmern und Politikern beim DIHK sollte dieses Vorhaben voranbringen. Treier ist Optimist. Das Handelsvolumen zwischen beiden Ländern kann sich seiner Ansicht nach in wenigen Jahren auf zehn Milliarden Euro erhöhen. Heute sind es zwei Milliarden. Und das schafft Arbeitsplätze hierzulande. Von 80.000 neue Jobs spricht Treier. Die iranischen Gäste werben derweil um Investitionen aus Deutschland. „Nach der Zeit der Sanktionen ist nun die Zeit des Wiederaufbaus gekommen“, sagt Pedran Soltani von der iranischen Handelskammer.

 

Die Isolation des Iran hat einen gewaltigen Investitionsrückstau, vor allem in der Infrastruktur nach sich gezogen. Die Anlagen zur Erdölförderung und -verarbeitung müssen modernsiert, die Verkehrsinfrastruktur erneuert, die Kommunikationsnetze aufgebaut werden. Der Iran braucht eine bessere Wasser- und Abfallwirtschaft, Investitionen in die Landwirtschaft und den Tourismus. Die Liste, die Soltani deutschen Unternehmern vorträgt, ist noch viel länger.

 

An Vermögen zur Finanzierung all dieser Wünsche mangelt es grundsätzlich nicht. Erdöl- und Gasvorrräte zusammengenommen verfügt der Iran über die größten Vorkommen der Welt. Dabei spielen die Einnahmen aus den Rohstoffen bei der Wirtschaftsleistung nicht einmal eine übergewichtige Rolle. Energieminister Hamid Chitchian berichtet vom Entwicklungsplan des Landes. Der sehe ein jährliches Wachstum von acht Prozent vor. Da kommt derzeit nicht einmal China heran.

 

Gerne würde Chitchian die Deutschen auch als Arbeitgeber im Lande sehen. So wirbt er fließig mit günstigen Arbeitskosten, einem Markt mit 80 Millionen Konsumenten und den 230.000 gut ausgebildeten Ingenieuren, die alljährlich von den Unis kommen. Doch ganz so glänzend, wie es die Wirtschaftsvertreter gerne hätten, ist die augenblickiche Lage nicht. So sind die Strukturen der iranischen Wirtschaft noch nahe an einer Staatswirtschaft. 60 Prozent der Unternehmen werden öffentlich geführt. Nur zehn Prozent der Wirtschaftsleistung steuern private Industriebetriebe bei.

 

Schwerer wiegt aber der Vertrauensverlust des Irans bei den Kapitalgebern. „Im Finanzsektor herrscht große Angst, etwas zu finanzieren“, bedauert Treier. In der Praxis ist derzeit offenkundig keine Bank bereit, Geschäfts im Iran zu finanzieren. Chitchian wirb daher bei den Banken für eine Eröffnung von Filialen im Land selbst. Einen ersten Schritt zur Besserung sieht er nach einem Treffen mit Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel bereits durch die Absicherung von Exportgeschäften durch staatliche Hermes-Bürgschaften.

 

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