Ein Hauch von Sparen

In ihrem ersten Bundeshaushalt tritt die schwarz-gelbe Koalition ein bisschen auf die Ausgabenbremse, verschiebt aber die wirklichen Herausforderungen ins kommende Jahr.

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Von Hannes Koch

03. Mär. 2010 –

Trotz der gigantisch schlechten Zahlen haben die Haushaltspolitiker von Union und FDP doch noch eine gute Nachricht produziert. „Wir sparen nicht massiv, aber durchaus sichtbar“, sagte CDU-Haushälter Norbert Barthle dieser Zeitung. Die Neuverschuldung des Bundes im laufenden Jahr soll nicht 86 Milliarden Euro betragen, wie Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble ausgerechnet hatte, sondern nur rund 80 Milliarden Euro.


Am Donnerstag (4.3.) schließen die Haushaltspolitiker des Bundestages ihre Beratungen über den Etat 2010 ab. Dann steht fest: Die Ausgaben erreichen mit 325 Milliarden Euro Rekordniveau, und die Verschuldung des Bundes ebenso. „Der Etat 2010 ist ein Haushalt des Übergangs, den die Wirtschaftskrise prägt“, so Barthle. Ins Kontor schlagen vor allem die höhere Arbeitslosigkeit mit Mehrausgaben von gut 20 Milliarden Euro, ein krisenbedingter Zuschuss an die Krankenversicherung von zehn Milliarden und geringere Steuereinnahmen von 44 Milliarden Euro.


An der fatalen Gesamtbilanz konnten auch die findigen Haushaltspolitiker nicht viel ändern. Um das Defizit ein wenig zu verringern, haben sie etwa eine Milliarde Euro aus dem Etat herausgespart. Sie kürzten beispielsweise kleinere Beträge bei der Förderung des Ökolandbaus, bei Fahrzeugen des Bundesamtes für den Zivildienst und beim Denkmalschutz.


Eher bemerkbar macht sich da schon, dass in Bundesministerien und Behörden unter dem Strich 581 Stellen wegfallen. Diese Einsparung im Etat erwirtschaftet einen hohen zweistelligen Millionenbetrag. Und doch hätte sie wesentlich größer ausfallen können. Denn die neue Regierung schuf sich erst einmal 985 neue Stellen - auch, um ihre eigenen Leute an die Spitze der Ministerien zu setzen. Besonders rege dabei waren Verkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) und Entwicklungshilfeminister Dirk Niebel (FDP). „Für die Konsolidierung des Haushaltes ist 2010 ein verlorenes Jahr“, sagt deshalb Carsten Schneider, der haushaltspolitische Sprecher der SPD.


Trotzdem muss die Opposition einräumen, dass die Koalition Sparerfolge vorweisen kann. Während Schäubles Haushaltsentwurf noch eine Neuverschuldung von fast 86 Milliarden Euro vorsah, wird der Plan nach der Beratung im Bundestag nur noch rund 80 Milliarden neuer Kredite enthalten. „Das ist aber kein echtes Sparen, die Reduzierung der Neuverschuldung tritt automatisch ein“, kritisiert Grünen-Haushälter Alexander Bonde.


Der Effekt funktioniert so: Weil das Wirtschaftswachstum leicht anzieht und die Erwerbslosigkeit 2010 im Vergleich zu 2009 etwas sinkt, kann auch der Zuschuss des Bundes für die Bundesagentur für Arbeit abnehmen. Das alleine bedeutet 3,2 Milliarden Euro weniger Schulden. Damit sinken auch die Ausgaben für Arbeitslosengeld II um rund 400 Millionen Euro und für die Wiedereingliederung von Erwerbslosen um 200 Millionen. Glück für die Koalition.


Nur auf die bessere Konjunktur können sich Union und FDP für den nächsten Haushalt des Jahres 2011 allerdings nicht verlassen. Da müssen sie mehr leisten. Zehn Milliarden Euro weniger Defizit pro Jahr von 2011 bis 2016 – das ist Schäubles Plan. Die Schuldenbremse, die im Grundgesetz steht, macht es notwendig.


Woher könnte das Geld kommen? Eine Idee dafür gibt es bereits. Die „Möglichkeit besteht darin, den Zuschuss an die Bundesagentur für Arbeit in ein Darlehen umzuwandeln“, sagt CDU-Haushälter Barthle. Das aber wäre eigentlich nur ein Trick. Die Verschuldung zur Finanzierung der Arbeitslosigkeit wäre nach wie vor vorhanden, würde jedoch nicht mehr im Bundesetat, sondern im Haushalt der Bundesagentur auftauchen.


Aber auch über zusätzliche Einnahmen muss die Regierung nachdenken. Für ein bis zwei Jahre aus dem Schneider wären Union und FDP beispielsweise, wenn sie den Beitrag zur Arbeitslosenversicherung erhöhten. Derzeit liegt der Beitrag, von dem Beschäftigte und Unternehmen jeweils die Hälfte zahlen, bei 2,8 Prozent. Ein Prozentpunkt mehr brächte rund 7,5 Milliarden Euro. Die Bundesagentur für Arbeit käme dann möglicherweise ohne Zuschuss oder Darlehen des Bundes aus.


Einen weiteren Weg deutet CDU-Haushälter Barthle an: „Eine Pkw-Maut könnte höhere Einnahmen bringen. Diese müsste man aber teilweise durch Entlastungen bei der Kfz-Steuer kompensieren.“


Info-Kasten Bundeshaushalt

Im Entwurf von Bundesfinanzminister Schäuble für 2010 stehen Bundesausgaben von 325 Milliarden Euro. Die Einnahmen aus Steuern (212 Milliarden) und sonstigen Erträgen (28 Milliarden) reichen nicht annähernd, um diese Ausgaben zu finanzieren. Die Lücke von 85 Milliarden Euro will Schäuble durch neue Kredite decken. Die Regierungsfraktionen drücken diese Neuverschuldung nun auf rund 80 Milliarden Euro. Die gigantische Deckungslücke kommt im wesentlichen zustande aus Steuermindereinnahmen infolge der Krise (44 Milliarden), Mehrausgaben für den Arbeitsmarkt (20 Milliarden), einen höheren Zuschuss an die Krankenversicherung (10 Milliarden) und konjunkturstützende Maßnahmen (4 Milliarden).

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