Ein neuer Fonds soll griechische Staatsfirmen verkaufen

Das sei kaum vergleichbar mit den Privatisierungen nach der Wiedervereinigung in Deutschland, sagt Ökonom Karl Brenke

Teilen!

Von Hannes Koch

13. Jul. 2015 –

Die Einigung der Euroländer über Griechenland beinhaltet unter anderem, dass ein „unabhängiger Fonds“ Staatsbesitz des Mittelmeerlandes privatisieren soll. Auf den ersten Blick erinnert diese Konstruktion an die deutsche Treuhandanstalt, die nach der Wiedervereinigung zu Beginn der 1990er Jahre die sozialistischen Kombinate der DDR abwickelte und verkaufte.

 

Welche Aufgabe hat der griechische Fonds?

In der Erklärung des Euro-Gipfels heißt es, dass dem Fonds griechisches Staatsvermögen übertragen werden soll, um es an private Investoren zu veräußern. Im Laufe des neuen dreijährigen Hilfsprogramms will man Firmen im Wert von 50 Milliarden Euro versilbern. Das Geld wird dazu dienen, einen Teil des Kredits zurückzuzahlen, den die Euro-Staaten an Griechenland geben. 12,5 Milliarden Euro sollen für Investitionen in die griechische Wirtschaft zur Verfügung stehen, was Ministerpräsident Alexis Tsipras als einen seiner Verhandlungserfolge herausstellt.

 

Welche Unternehmen kommen unter den Hammer?

Die Eurostaaten nennen in ihrer Vereinbarung ausdrücklich den staatlichen Stromnetzbetreiber Admie. Ab Anfang 2014 versuchte die griechische Regierung schon einmal, dieses Unternehmen zu privatisieren. Nach den Neuwahlen im Januar 2015 legte die neue Regierung den Plan vorläufig zu den Akten. Weitere Staatsfirmen, die zur Debatte stehen, sind unter anderem der Hafen von Piräus und Flughäfen.

 

Wer hat die Macht im Fonds?

Die Institution soll in Griechenland angesiedelt sein und „von griechischen Behörden verwaltet“ werden. „Europäische Organe“ übernehmen die Aufsicht. Die Kontrolle soll gewährleisten, dass die Privatisierungen diesmal auch wirklich stattfinden. Der Kompromiss fällt jedoch etwas angenehmer für Griechenland aus, als der von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble bevorzugte Plan vorsah. Demnach hätte der Fonds seinen Sitz in Luxemburg gehabt und unter der Mitkontrolle der deutschen Staatsbank KfW gestanden.

 

Ist das eine griechische Treuhand?

Nach der Wiedervereinigung sollte die Deutsche Treuhandanstalt in Berlin quasi alle DDR-Unternehmen privatisieren. Sehr viele Firmen wurden geschlossen. Manche wurde erhalten und an Investoren verkauft. Größenteils wirtschaften diese heute erfolgreich in Privatbesitz. Dagegen geht es in Griechenland jetzt nicht darum, eine gesamte Volkswirtschaft aus Staats- in Privateigentum zu überführen. In diesem Falle sollen nur mehrere Dutzend potenziell lukrative, öffentliche Unternehmen privatisiert werden. Karl Brenke vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin sagt: „Die deutsche Treuhand und der griechische Fonds sind schwer vergleichbar. Im ersten Fall ging es vor allem darum, Teile der ostdeutschen Wirtschaft wettbewerbsfähig zu machen. Bei Griechenland steht das Ziel im Vordergrund, Einnahmen zu erzielen, um Schulden zu begleichen.“

 

Ist es sinnvoll, auf diese Art Geld hereinzuholen?

Wenn der Fonds funktioniert, steigt Griechenlands Schuldenlast um 37,5 Milliarden Euro weniger als ohne Privatisierung. Dementsprechend muss die Athener Regierung weniger Zinsen aufbringen. Bei einem Zinssatz von drei Prozent liegt die Ersparnis bei gut einer Milliarde Euro pro Jahr. Andererseits verliert der Staat Einnahmen. Die Erlöse aus dem Transport von Strom oder Gebühren von Häfen und Flughäfen fließen nach der Privatisierung nicht mehr an den Staat, sondern auf die Konten der neuen privaten Eigentümer. Die Stadt Hamburg beispielsweise würde deshalb nicht auf die Idee kommen, ihre Anteile am Hamburger Hafen zu verkaufen. Eine Bilanz der Einsparungen und Verluste lässt sich gegenwärtig nicht berechnen, da unklar ist, welche Firmen in den griechischen Fonds wandern.

 

Bringt das wirtschaftliche Vorteile?

„Privatisiert man beispielsweise einen Hafen, so wird aus einem staatlichen Monopol ein privates“, sagt Ökonom Brenke, „ob dieses dann zu größerer wirtschaftlicher Dynamik beiträgt, steht auf einem anderen Blatt.“ Wenn die neuen Besitzer also die Gebühren im Hafen von Piräus senken, die Abfertigung beschleunigen oder neue Piers bauen, können Spediteure und andere Unternehmen profitieren. Ob das tatsächlich passiert, weiß man heute aber nicht.

« Zurück | Nachrichten »