Einstieg in den Umstieg

Kommentar

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Von Wolfgang Mulke

06. Jul. 2010 –

Die Verständigung der Koalition auf eine Finanzreform im Gesundheitswesen verändert mehr, als die Hahnenkämpfe der Beteiligten in den letzten Monaten vermuten ließen. Die Beschlüsse bedeuten die Einführung einer kleinen Kopfpauschale, die auf lange Sicht zu einem großen Baustein der Krankenversicherung werden wird.

 

Die zusätzlichen Kosten der Arbeitnehmer halten sich vorerst in Grenzen. Ihre Beiträge werden erst auf lange Sicht spürbar zum Budget der Krankenkassen beitragen. Und der geplante Sozialausgleich verhindert eine unbotmäßige Belastung der sozial Schwächeren. Insofern wird sich die Tragweite der Reform vorläufig gar nicht bemerkbar machen. Gesundheitsminister Philipp Rösler darf sich als Sieger fühlen. Ihm ist der Einstieg in den Umstieg gelungen. Eine Revolution hat wohl auch niemand ernsthaft erwartet. Die CSU ist von ihrem Versprechen, es gäbe mit ihr keine Kopfpauschale, hingegen abgerückt. Nichts anderes verbirgt sich hinter einer einkommensunabhängigen Prämie.

 

Ob das Konzept auf Dauer halten wird, was die Bundesregierung heute verspricht, darf bezweifelt werden. Mit den wachsenden Ausgaben für die Gesundheitsversorgung steigen die Zusatzbeiträge deutlich an. Ob künftige Finanzminister den immer teureren Sozialausgleich leisten können oder wollen, ist eine der offenen Fragen. Die Kosten dafür wachsen schon zu Beginn jährlich um fast eine Milliarde Euro. Womöglich wird irgendwann die Deckelung von zwei Prozent erhöht, damit der Sozialausgleich finanzierbar bleibt. Gerecht verteilt wären die Lasten dann nicht mehr.

 

Für eine wirklich soziale Ausgestaltung der Krankenversicherung fehlen weiterhin wichtige Veränderungen. Die Betragsbemessungsgrenze sollte angehoben und die private Krankenversicherung wie in Holland in das System der gesetzlichen Versicherung integriert werden. Außerdem sollten auch die an der Finanzierung beteiligt werden, die vor allem Kapitaleinkünfte beziehen. Das alles würde jedoch den Stammklientel der Koalition treffen.

 

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