Einwanderung kann auch eine Last sein

Viele Immigranten in Deutschland haben selbst nach Jahrzehnten noch schlechtere Ausbildungen, Berufe und Einkommen als Einheimische

Teilen!

Von Hannes Koch

03. Mai. 2016 –

Über Einwanderung scheiden sich die Geister. Man kann sie ablehnen. Man kann sie auch für moralisch geboten, wirtschaftlich sinnvoll oder unausweichlich halten. Aber selbst Befürworter von Immigration müssen sich mit einem unangenehmen Befund auseinandersetzen: Neubürger aufzunehmen stellt auch eine Last für die Gesellschaft des Gastlandes dar. Denn im Vergleich zu den Einheimischen sind Immigranten und ihre Nachkommen beispielsweise öfter arbeitslos – und kosten entsprechend.

 

Solche Informationen finden sich im Datenreport des Statistischen Bundesamtes (Destatis). „Zuwanderer in Deutschland sind geringer gebildet, seltener erwerbstätig, sie verdienen weniger und sind eher von Armut bedroht“, heißt es dort.

 

Die schlechtere Lage der Einwohner mit Migrationshintergrund lässt sich an ihrer Bildungssituation ablesen. Den Destatis-Zahlen zufolge, die bis 2014 reichen, haben 76 Prozent von ihnen keinen oder einen niedrigen Berufsabschluss. Bei den Einheimischen liegt dieser Anteil bei 68 Prozent. Nur 24 Prozent der Zuwanderer verfügen über einen mittleren und hohen Abschluss, während es bei Deutschen, die schon lange hier leben, 32 Prozent sind. In der zweiten und dritten Generation – den Kindern und Enkeln der ursprünglichen Einwanderer – nehmen diese Nachteile zwar ab. Spürbar sind sie trotzdem auch später.

 

Unterdurchschnittliche Bildung hat Auswirkungen auf die Chancen, eine bezahlte Arbeit zu finden. So liegt die Arbeitslosigkeit bei Menschen mit Migrationshintergrund höher als unter den Alteingesessenen. Nur 65 Prozent der Zuwanderer sind erwerbstätig, sieben Prozent arbeitslos, 29 Prozent wollen oder können nicht selbst für ihren Lebensunterhalt sorgen. Dagegen arbeiten 76 Prozent der Einheimischen, vier Prozent sind arbeitslos, 20 Prozent stehen dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung.

 

Eine besondere Problemgruppe bilden dabei die Gastarbeiter, die seit den 1960er Jahren in die Bundesrepublik geholt wurden, und ihre Nachkommen. Von diesen arbeiten nur 61 Prozent, während 38 Prozent erwerbslos sind oder sich nicht um bezahlte Stellen kümmern. Das hat einerseits etwas damit zu tun, dass die Gastarbeiter der ersten Generation nun in Rente gehen. Darin spiegelt sich aber auch, dass viele von ihnen weder eine Ausbildung hatten, noch hier eine erwarben, sondern als angelernte Arbeiter in den Fabriken schufteten. Diese Benachteiligung haben sie nicht selten an ihre Kinder weitergegeben.

 

In der Folge liegen die Einkommen von Einwanderern niedriger. Während alteingesessene Vollzeitbeschäftigte durchschnittlich 2.235 Euro Netto im Monat erzielen, sind es bei den Immigraten 2.000 Euro. Noch schlechter schneiden die Gastarbeiter und ihre Nachkommen ab: Sie kommen auf 1.946 Euro monatlich. Ein weiterer Effekt: Mehr Zuwanderer als Deutsche leben in Armut oder sind dadurch gefährdet.

 

Was sagt uns das? Diese sozialen Lagen kosten die Gesellschaft mehr als nötig – in finanzieller, aber auch kultureller Hinsicht. Wer arbeitslos und arm ist, nimmt oft nicht am gesellschaftlichen Leben teil, kann seine Interessen schlecht vertreten, wird ausgegrenzt oder grenzt sich selbst ab. So entstehen Parallelgesellschaften, die das Zusammenleben insgesamt gefährden.

 

Das alles geschieht aber nicht schicksalhaft. Migrationsforscher beschreiben seit langem alternative Wege. Der erste heißt „bessere Bildung“. Deswegen ist augenblicklich ständig die Rede davon, die Flüchtlinge des Jahres 2015 möglichst schnell in die Schulen zu schicken. Zweitens geht es darum, die Hürden für die Neuankömmlinge zu senken. Die Pflicht für Flüchtlinge, an einem zugewiesenen Ort zu wohnen und ihn nicht zu verlassen, erschwert ihnen beispielsweise die Suche nach einem Arbeitsplatz. Drittens kann Deutschland von Staaten wie Kanada lernen, die Einwanderung zu steuern und gezielt Bewerber zu suchen, die hier benötigte Qualifikationen haben.

 

Trotz allem aber warnt Stephan Sievert vom Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung vor Illusionen: „Zumindest die Einwanderer der ersten Generation haben nicht die gleichen Möglichkeiten wie die Einheimischen. Sie sind öfter arbeitslos und verdienen weniger. Integration dauert einfach ihre Zeit.“ Bei der zweiten Generation könne es aber schon anders aussehen, so Sievert. So muss man bei den Flüchtlingen des Jahres 2015 wohl davon ausgehen, dass sie insgesamt mehr staatliche Unterstützung brauchen als die Hiesigen.

« Zurück | Nachrichten »