„Elektroautos setzen sich erst 2020 durch“

Verkehrsminister Tiefensees Ziel, eine Million ökologische E-Autos fahren zu lassen, sei ambitioniert, sagt Toyota-Berater Hans-Peter Wandt

Teilen!

Von Hannes Koch

25. Nov. 2008 –

Hannes Koch: 2020 soll eine Million Elektroautos auf deutschen Straßen fahren, sagt Verkehrsminister Tiefensee. Ist das realistisch?

 

Hans-Peter Wandt: Das ist ein ambitioniertes Ziel.

 

Koch: Hat Tiefensee sich diese Zahl nur ausgedacht?

 

Wandt: Wenn die Politik etwas erreichen will, muss sie die Weichen stellen. Es würde nicht schaden, mehr staatliches Geld in die Entwicklung zu investieren und vor allem die Anschaffung dieser Fahrzeuge finanziell zu unterstützen.

 

Koch: Was meint Tiefensee, wenn er „Elektroauto“ sagt?

 

Wandt: Grundsätzlich gibt es zwei Varianten: reine Elektroautos und Plug-In-Hybridfahrzeuge. Diese verfügen über einen kombinierten Antrieb aus Elektro- und Verbrennungsmotor-Antrieb.

 

Koch: Ihr Unternehmen Toyota setzt auf die Hybrid-Technologie. Warum?

 

Wandt: Reine Elektroautos werden lange noch eine zu geringe Reichweite haben. Die Batterien sind vorläufig nicht stark und billig genug. Deshalb werden wir die kommenden 30 oder 40 Jahre mit dem Verbrennungsmotor leben müssen. Aber durch die neue Kombination mit dem Elektroantrieb kann man ihn viel effizienter und damit umweltfreundlicher machen.

 

Koch: In Sachen Ökologie hat Toyota einen guten Ruf. Doch eigentlich ist das Hybrid-Fahrzeug Toyota-Prius nur ein gelungener Werbe-Coup. 2007 hat Ihr Unternehmen in Europa rund eine Million konventioneller Fahrzeuge verkauft, aber nur 32.000 Öko-Autos.

 

Wandt: In Europa bewegen wir uns noch auf niedrigem Niveau. Aber auch hier hat sich der Hybrid-Absatz zwischen Mai 2007 bis Mai 2008 verdoppelt. Global dagegen verfügen bereits fünf Prozent unserer Neuwagen über die Hybrid-Technologie. Und in den USA haben wir die zehn Prozent schon überschritten.

 

Koch: Toyota steigert seine Produktion Jahr um Jahr. Mehr neue Autos stoßen insgesamt mehr klimaschädliches Kohlendioxid aus. Das macht die CO2-Reduzierung ihrer Öko-Autos unter dem Strich zunichte. Wann wird die Umweltbelastung abnehmen, die Ihre Produkte verursachen?

 

Wandt: Die Emissionen sind insgesamt jetzt schon rückläufig. Denn in Europa und den USA wächst der Absatz kaum noch. Gleichzeitig reduzieren wir den durchschnittlichen Schadstoff-Ausstoß pro Auto. Das verlangt die EU. Und in den USA kaufen die Menschen weniger große Fahrzeuge, sondern eher Mittelklasse-Wagen.

 

Koch: Angesichts des großen Wachstums in Schwellenländern dürfte diese Rechnung in China und Indien nicht aufgehen.

 

Wandt: Doch. Wir rechnen damit, dass sich unsere weltweiten Verkaufszahlen bei etwa zehn Millionen Neuwagen pro Jahr einpendeln. Und schon 2010 wollen wir eine Million Hybrid-Fahrzeuge pro Jahr absetzen. Die Umweltbelastung der Neuwagen-Flotte von Toyota sinkt insgesamt.

 

Koch: Gilt diese hoffnungsvolle Botschaft für den gesamten Autoverkehr weltweit?

 

Wandt: Nein. 2010 rollt wahrscheinlich eine Milliarde Fahrzeuge auf der Welt. Zehn Jahre später könnten weitere 500 Millionen hinzukommen. Angesichts dieses Wachstums wird der Schadstoffausstoß nicht sinken, im Gegenteil.

 

Koch: Zur Energiewende im Verkehr würde beitragen, wenn man die Batterien der Hybrid-Fahrzeuge an der Steckdose aufladen könnte. Wann bringt Toyota Plug-In-Autos auf die Straße?

 

Wandt: Einige Hundert Versuchsfahrzeuge liefern wir Ende 2009 aus. Im Handel gibt es die Autos aber frühestens ab 2013. Und im Alltag werden sie sich nicht vor 2020 durchsetzen.

 

Koch: Diese Technologie hat nur Sinn, wenn der Strom aus umweltfreundlichen Quellen stammt. Woher wird die Elektrizität für Ihre Hybrid-Fahrzeuge kommen?

 

Wandt: Das kann regional sehr unterschiedlich sein. In Frankreich ist klar, dass im wesentlichen Kernkraftwerke die Energie liefern. Wenn wir in Deutschland dagegen die Atomkraftwerke abschalten, wird der Anteil der regenerativen Quellen zunehmen. Außerdem können wir auf gute Kohlekraftwerke mit hohen Wirkungsgraden nicht verzichten.

 

Koch: Schick wird das Öko-Auto erst, wenn der Strom aus Sonne, Wind und Wasser stammt.

 

Wandt: Man sollte realistisch bleiben.

 

Koch: Hauptsache Strom – die Art der Erzeugung ist Ihnen egal?

 

Wandt: Nein, natürlich muss man auf die CO2-Bilanz achten. Das ist das wichtigste Kriterium. Aber der Energiemix in Deutschland ist schon heute gar nicht schlecht – trotz der Kohlekraftwerke. Die Autos hierzulande würden umweltfreundlicher fahren, wenn wir sie teilweise mit Strom, statt mit Öl betrieben.

 

Koch: Zusammen mit dem Unternehmen Renault will der Manager Shai Agassi in Israel ein flächendeckendes Netz von Solartankstellen aufbauen. Kann das funktionieren?

 

Wandt: Dieser Ansatz erscheint mir ein bisschen weltfremd. Die Idee ist ja, die leere Batterie eines Elektroautos an der Tankstelle durch eine aufgeladene zu ersetzen. Heute freilich sitzt die Batterie bei jedem Fahrzeug an einer anderen Stelle. Alleine diese technische Hürde verhindert den standardmäßigen, schnellen Austausch.

 

 

Peter-Michael Wandt (47) war bis vor kurzem politischer Vertreter von Toyota Europe in Berlin. Jetzt arbeitet er als Unternehmensberater für den Konzern in Sachen Öffentlichkeitsarbeit und Hybrid-Technologie. Toyota ist der größte Autohersteller weltweit. 2008/9 will das japanische Unternehmen etwa 8,4 Millionen Fahrzeuge produzieren. Der Umsatz betrug im vergangenen Jahr rund 240 Milliarden Dollar, der Gewinn etwa 14 Milliarden.

« Zurück | Nachrichten »