Energieunternehmen sollen mehr zahlen

Verbraucherministerin Aigner will Stromkunden vor höheren Kosten schützen

Teilen!

Von Hannes Koch

22. Aug. 2012 –

Angesichts zunehmender Stromkosten für Privatkunden und kleine Betriebe hat Verbraucherminister Ilse Aigner (CSU) einen Gesetzentwurf von Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) blockiert. Dessen Vorhaben würde dazu führen, dass die Öko-Umlage steigt, die alle Haushalte bezahlen. „Die Energiekosten für private Verbraucher müssen begrenzt werden und beherrschbar bleiben,“ ließ die Verbraucherministerin dem Kabinett mitteilen.

Eigentlich sollte die Regierung den Entwurf in der kommenden Woche beschließen. Ob dieser Zeitplan einzuhalten ist, war am Mittwoch unklar. Bis Redaktionsschluss liefen die Verhandlungen zwischen den Ministerien.

Mit dem Gesetzentwurf will Rösler eine Hürde für die Energiewende aus dem Weg räumen. Bislang stockt der Ausbau von Windparks auf Nord- und Ostsee, weil die Firma Tennet die notwendigen Unterwasserkabel nicht schnell genug legt. Der Grund dafür ist unter anderem, dass Tennet nicht ausreichend Kapital mobilisieren kann, weil die möglichen Geldgeber Angst vor den Haftungsrisiken haben. Denn Netzbetreiber Tennet haftet, wenn eine Anbindung nicht funktioniert. Das kann zu hohen Kosten führen, die das Unternehmen überfordern.

Deshalb will Rösler die Netzbetreiber von den Haftungsrisiken entlasten. Den großen Teil der möglichen Kosten sollen die privaten Stromkunden und kleinere Firmen tragen, in dem die Summen auf sie abgewälzt werden. Dadurch würde die Ökoumlage für erneuerbaren Strom, die heute 3,59 Cent pro Kilowattstunde beträgt, um bis zu 0,25 Cent steigen. Ein Drei-Personen-Privathaushalt mit einem Jahresverbrauch von 2.000 Kilowattstunden müsste maximal fünf Euro jährlich mehr bezahlen, etwa 40 Cent monatlich.

Das ist nicht viel. Allerdings kämen große Stromverbraucher, beispielsweise Industrieunternehmen, viel billiger davon. Sie müssten maximal 0,05 Cent pro Kilowattstunde zusätzlich entrichten. Die offizielle Begründung ist der Schutz der Arbeitsplätze.

„Diese Ungleichbehandlung lehnt das Ministerium ab“, schrieb Aigners zuständige Referatsleiterin an das Wirtschaftsministerium. „Verpflichtungen privater Unternehmen sollen fast vollständig und faktisch ohne Begrenzung in unbekanntem Ausmaß von der Gesellschaft und konkret von den Stromverbrauchern übernommen werden. Dies ist im Interesse der Verbraucher nicht hinnehmbar.“

Ein Sprecher des Wirtschaftsministers erklärte am Mittwoch, diese Kritik sei nicht „nachvollziehbar“. Tennet-Chef Lex Hartmann wies der Bundesregierung die Verantwortung dafür zu, die Haftungsregeln zu verändern. Unter den gegenwärtigen Bedingungen seien die notwendigen Investitionen von rund 20 Milliarden Euro in die Anbindung der Windparks auf See nicht zu stemmen.

Eine Sprecherin von RWE sagte, man vertraue darauf, dass die Regierung bald einen verlässlichen Rahmen schaffe. Der Energiekonzern E.ON wies darauf hin, dass die geplante Haftungsregel nur eine Vorsichtsmaßnahme für Notfälle darstelle und wahrscheinlich nur selten angewendet werden müsse.

Das Thema ist für die Regierung heikel, weil die Öko-Umlage für die erneuerbaren Energien ohnehin demnächst angehoben wird – von jetzt 3,59 auf wahrscheinlich über fünf Cent pro Kilowattstunde. Von FDP, Industrieverbänden und Verbraucherzentralen hagelt es Kritik. Gefordert wird eine grundsätzliche Änderung der Öko-Energieförderung.

« Zurück | Nachrichten »