Erste Antworten im großen Spar-Rätsel

Wie kann der Staat seine Krisen-Verschuldung wieder senken? Die grüne Heinrich-Böll-Stiftung plädiert dafür, den Umwelt- und Energieverbrauch zu verteuern. Wirtschaftsforscher und FDP wollen teils ähnliche Subventionen kürzen

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Von Hannes Koch

15. Apr. 2010 –

Eine der wichtigsten Fragen, die die Bundesregierung in den kommenden Jahren beantworten muss, lautet: Wie lassen sich die horrenden Staatsschulden reduzieren? In einer neuen Studie stellt die grüne Heinrich Böll Stiftung nun dar, wie man Schuldenabbau und Klimaschutz kombinieren könnte. Die Forscher raten dazu, umweltschädliche Subventionen zu verringern und den Verbrauch von Energie zu verteuern. Unter den Sparvorschlägen, die die FDP, sowie die Wirtschaftsforscher in ihrer Gemeinschaftsdiagnose machen, finden sich ähnliche Ideen.


„Wir können zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen“, sagte Böll-Vorstand Ralf Fücks, als er das Papier „Nachhaltig aus der Krise – die ökologische Finanzreform“ vorstellte. Die Grünen listen Maßnahmen auf, die einerseits dem Schutz des Klimas dienen und andererseits Geld in die öffentlichen Kassen bringen sollen.


So schlägt die Umweltpartei vor, die Steuer auf Diesel an den Steuersatz für Benzin anzugleichen. Die Dieselsteuer zu erhöhen, würde jährlich rund 700 Millionen Euro bringen, hat das Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft im Auftrag der Böll-Stiftung errechnet. Die Ausnahmen der Energiesteuer für Industrieunternehmen zu verringern, würde weitere 1,5 Milliarden Euro pro Jahr bringen. Durch eine niedrigere Entferungspauschale für Berufspendler könnten die Finanzminister 1,5 Milliarden zusätzlich einnehmen. Derartige Änderungen betrachten die Grünen als „Streichung umweltschädlicher Subventionen“, wie Finanzpolitikerin Lisa Paus sagte.


Daneben präsentieren die Grünen zahlreiche Ideen, um den Verbrauch von Energie insgesamt zu verteuern. Eine höhere Steuer für Firmenwagen mit großem Benzinverbrauch und Kohlendioxid-Ausstoß könnte 500 Millionen einbringen, eine neue Steuer auf Flugtickets von 20 bis 40 Euro pro Platz 2,3 Milliarden und eine Kernbrennstoffsteuer für Atomkraftwerke vier Milliarden. Auch die Mineralölsteuer haben die Grünen nicht vergessen. Sie um fünf Cent pro Liter anzuheben, steigerte die Einnahmen um zwei Milliarden. Insgesamt wollen die Grünen dem Staat auf diese Art 16 Milliarden jährlich zusätzlich bescheren, mittelfristig durch Anhebung der Steuersätze sogar 52 Milliarden.


Ginge die Regierung auf diese Vorschläge komplett ein, was nicht zu erwarten ist, wäre Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) seine Geldsorgen im wesentlichen los. Um den Maastrichtvertrag und die Schuldenbremse im Grundgesetz einzuhalten, muss Schäuble in den kommenden Jahren jeweils rund zehn Milliarden aus dem Bundeshaushalt heraussparen.


Teilweise deckt sich die Richtung der grünen Maßnahmen mit Vorschlägen, die die FDP, sowie die Wirtschaftsforschungsinstitute in ihrer Prognose für 2010 und 2011 gemacht haben. Im Rahmen ihres Stufenmodells für eine Steuersenkung plädierte die FDP zur Gegenfinanzierung auch dafür, die „Steuerfreiheit für Flugbenzin wegfallen“ zu lassen.


Um das durch die Finanzkrise stark vergrößerte Defizit in den öffentlichen Haushalten zu schließen, setzen auch die Wirtschaftsforscher, die die Bundesregierung beraten, auf den Abbau von Subventionen. In der Gemeinschaftsdiagnose der Forschungsinstitute unter anderem aus München, Halle und Essen heißt es, die Regierung solle Steuervergünstigungen streichen, die in der Koch-Steinbrück-Liste genannt waren. Diesen Katalog von Subventionen und Einsparmöglichkeiten hatten vor Jahren der Hessische Ministerpräsident Roland Koch (CDU) und Ex-Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) vorgelegt.

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