Es wird weniger um Geld gespielt

Suchtexperten sehen aber verstärkte Gefahren durch Automaten. Fast 500.000 Menschen sind spielsüchtig.

Teilen!

Von Wolfgang Mulke

20. Feb. 2014 –

Das Glücksspiel zieht immer weniger Kunden an. Während 2011 noch fast jeder dritte Bundesbürger Mittwochs oder Samstags auf die Lottozahlen wartete, ist der Anteil der Spieler bis 2013 auf nur noch 25 Prozent gesunken. Das geht aus dem aktuellen Bericht der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) zum Glücksspielverhalten und der Glücksspielsucht hervor. Doch das unter dem Aspekt der Spielsucht gehören staatliche Angebote wie Lotto, Glücksspirale oder Oddset ohnehin nicht zu den Sorgenkindern. „Der süchtige Lottospieler ist die Ausnahme“, sagt Peter Lang, der zuständige Abteilungsleiter der Behörde.

 

Sorge bereitet den Suchtexperten die Entwicklung bei den privaten Spielangeboten. Insbesondere junge Männer im Alter zwischen 18 und 20 Jahren neigen zu unkontrolliertem Spiel. In dieser Gruppe fallen wiederum wenig gebildete und Spieler mit Migrationshintergrund als besonders suchtgefährdet auf. Laut Lang neigen mehr als neun Prozent der jungen Männer zu einem krankhaften Spielverhalten. „Es sind die Geldspielautomaten, die Lifewetten und das Internetcasinospiel“, stellt Lang zu den besonders gefährlichen Angeboten fest.

 

Gerade die Daddelhallen an der Ecke tragen nach Ansicht der Fachleute erheblich zu den Suchtgefahren bei. Zwischen in den vergangenen sieben Jahren hat sich ihre Zahl bundesweit von 12.000 auf 16.000 erhöht. 240.000 Automaten stehen darin und wollen mit Kleingeld oder Scheinen gefüttert werden. Auch diese Mehrung trägt lockt zusätzliche Spieler an. 2007 gaben in der Befragung der BZgA nur sechs Prozent der 18 bis 20-jährigen an, dass sie an Geldspielautomaten Zeit verbringen. Bei der letzten Studie 2013 gab dies jeder vierte Befragte zu.

 

Krankhaftes Spielverhalten ist zwar kein Massenphänomen. Weniger als ein Prozent der Deutschen gilt als spielsüchtig. Doch die absolute Zahl von rund 440.000 Betroffenen zeigt, dass es durchaus ernst genommen werden muss. Die staatlichen Lottogesellschaften haben ihre Hausaufgaben zur Vorbeugung von Spielsucht weitgehend erledigt. „Es ist schwierig, diese Gradwanderung zu bestehen“, räumt Barbara Becker vom Landeslotto Mecklenburg-Vorpommern ein. Denn jede Warnung vor die Folgen unkontrollierten Spiels sorgt für geringere Einnahmen bei den Staatslotterien, die allerdings zur Prävention verpflichtet sind und sogar ein Webportal zu den Gefahren der Spielsucht betreiben.

 

Gerne würden die Experten die Casinos mit Automaten ausbremsen. Dabei geht es um viel Geld. Auf gut 32 Milliarden Euro wird der jährliche Glücksspielumsatz in Deutschland geschätzt. Mehr als die Hälfte des Geldes schlucken die Automaten. Die Lottogesellschaften vereinen nur 20 Prozent der Einsätze für sich. Mittlerweile haben die meisten Länder Spielhallengesetze verabschiedet. Darin kann zum Beispiel der Abstand der Casinos voneinander oder die Zahl der zugelassenen Automaten geregelt werden. Doch die Lottogesellschaften und die BZgA fordern gemeinsam eine zusätzliche Verordnung des Bundes. Sie soll die Hersteller der Automaten dazu bringen, die Geräte technisch so umzurüsten, dass sie nur noch als Unterhaltungsinstrument und nicht mehr dem Glücksspielautomat dienen. Nun hoffen die Fachleute, dass Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel einem entsprechenden Vorstoß des Bundesrates aus dem vergangenen Jahr folgt.

 

 

« Zurück | Nachrichten »