EU setzt auf digitalen Euro

Einheitliches europäisches Bezahlsystem geplant

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Von Björn Hartmann

26. Jun. 2023 –

In der Euro-Zone soll es bald neben dem klassischen Bargeld auch einen digitalen Euro als gesetzliches Zahlungsmittel geben. Die EU-Kommission hat ein entsprechendes Gesetz erarbeitet. Sollte es angenommen werden, könnte das neue Geld in wenigen Jahren eingeführt werden. Nur: Wer braucht das? Antworten auf die wichtigsten Fragen.

Was ist der digitale Euro?

Der digitale Euro ist eine Art Bargeld. Nur, dass er nicht als Scheine oder Münzen vorliegt, sondern virtuell. Wie klassisches Bargeld in einem Portemonnaie lässt sich der digitale Euro in einer digitalen Brieftasche (englisch: Wallet) aufbewahren. Die Europäische Zentralbank (EZB) soll den digitalen Euro herausgeben, die nationalen Notenbanken sollen ihn in Umlauf bringen. Beides gilt bereits für Bargeld. Der digitale Euro lässt sich eins zu eins in Bargeld umtauschen. Das gilt auch umgekehrt. Die EZB verspricht, dass künftig überall in der Euro-Zone mit dem Digitalgeld wie mit Bargeld bezahlt werden kann – zum Beispiel mit dem Smartphone.

Soll der digitale Euro das Bargeld ersetzen?

Die EZB will das Bargeld nicht durch einen digitalen Euro ersetzen. Eingeführt werden soll er, weil die Verbraucherinnen und Verbraucher zunehmend digital bezahlen. Die Zentralbank will dafür eine schnelle und sichere Möglichkeit anbieten, die beim Schuhhändler genauso funktioniert wie beim Bäcker – und ebenso anonym ist wie Bargeld. Die Zentralbank spricht von einem zusätzlichen Angebot. Sie sieht allerdings einen grundsätzlichen Trend hin zu Online- und kontaktlosem Bezahlen, Bargeld wird weniger wichtig.

Bereits jetzt kann jeder online ohne Bargeld bezahlen, viele Menschen haben Kreditkarten aufs Smartphone geladen oder nutzen den US-Zahlungsdienst Paypal. Wozu ist der digitale Euro dann nötig?

Wer digital bezahlt, nutzt meist die Dienste eines US-Unternehmens. So dominieren Mastercard und Visa den Kreditkartenmarkt. Auch Apple Pay, Google Pay und Paypal sind weit verbreitet. Sonst gibt es zahlreiche nationale Bezahlsysteme, in Deutschland etwa Giropay, aber keine einheitliche europäische Lösung. Der digitale Euro soll das ändern. Er bietet „die Chance für eine größere Unabhängigkeit von internationalen Zahlungsanbietern“, wie Henriette Peucker, stellvertretende Hauptgeschäftsführerin des Bankenverbands sagt, in dem die Geschäftsbanken organisiert sind. Wichtig aus Sicht der EZB ist auch, dass sie die Kontrolle über das in der Euro-Zone verwendete Geld behält.

Werden Banken und Sparkassen überflüssig?

„Banken bleiben weiterhin die Geld-Partner von Verbrauchern: Sie führen Konten, bearbeiten Überweisungen, vergeben Kredite“, sagt Peucker vom Bankenverband. Das ändert sich auch mit einem digitalen Euro nicht. Der Gesetzentwurf der EU-Kommission billigt den Kreditinstituten auch beim E-Bargeld eine wichtige Rolle zu: Alle, die den digitalen Euro haben wollen, sollen entsprechende digitale Brieftaschen bei Geschäftsbanken oder Finanzdienstleistern einrichten können. Ein Konto bei der EZB ist ausgeschlossen. Unklar ist bisher noch, wie viele digitale Euro jede und jeder ins digitale Portemonnaie stecken darf.

Was unterscheidet den digitalen Euro von Kryptowährungen?

Streng genommen sind Kryptowährungen wie Bitcoin oder Ethereum keine Währungen, weil hinter ihnen keine Zentralbank wie die EZB in Europa oder die Fed in den USA steht. Solchen Kryptowerten fehlt etwa eine Garantie, dass sie in echtes Geld umgetauscht werden können. Zudem schwankt ihr Wert in einer klassischen Währung wie Dollar sehr stark. Experten halten sie deshalb für hochspekulative Geldanlagen, die mehr mit Glauben als Vertrauen zu tun haben  – eher das Gegenteil einer stabilen Währung. Hinter dem digitalen Euro steht die EZB, die seinen Wert sichert und auch dafür haftet. Und er wäre wie Bargeld gesetzliches Zahlungsmittel, Kryptowerte sind das nicht.

Wann kommt der digitale Euro?

Seit Sommer 2021 arbeitet die EZB am digitalen Euro. Als nächstes soll die Technik entwickelt werden. Dem Gesetz der EU-Kommission müssen noch der EZB-Rat, die EU-Staaten und das Europäische Parlament zustimmen. „Wir gehen aktuell davon aus, dass ein digitaler Euro, sollte er denn wirklich kommen, nicht vor 2026 verfügbar sein wird“, sagt Peucker vom Bankenverband.

Warum geht es nichts schneller?

Die EZB, der Finanzsektor und die Händler benötigten Zeit, um die notwendige Infrastruktur zu schaffen, sagt Peucker. „Das wird auch mit hohen Kosten einhergehen.“ Auch andere Fragen muss die EZB beantworten, bevor es losgehen kann: Wie wird das Digitalgeld geschaffen? Wie wird es gespeichert und seine Echtheit geprüft? Und wie wird sichergestellt, dass Kriminelle es nicht unerlaubt in großen Mengen erzeugen? Zudem soll mit dem digitalen Euro genauso anonym bezahlt werden können wie mit Bargeld, auch das muss technisch möglich sein. Gründlichkeit und Sicherheit seien wichtiger als Schnelligkeit, heißt es bei der EZB. „Wir brauchen ein System, das für alle funktioniert und von Anfang an stabil ist.“

Wird sich der digitale Euro durchsetzen?

Unklar. Der Bankenverband ist nicht so euphorisch wie die EZB beim digitalen Euro. „Seine Ausgestaltung wird bestimmen, ob er einen wirklichen Verbrauchernutzen hat“, sagt Verbandsvizechefin Peucker.

Haben andere Länder bereits eine digitale Währung?

Sehr viele Zentralbanken arbeiten an der digitalen Version des Bargelds – etwa in den USA, in China, Indien, Saudi-Arabien, in Ghana oder Uruguay. Es gibt zahlreiche Pilotprojekte. Genutzt werden kann E-Bargeld bereits auf den Bahamas, Jamaika und in Nigeria sowie in Kambodscha.

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