Europa kommt zurück - vielleicht

Bessere Stimmung, bessere Wirtschaftslage? In diesem Jahr könnte sich die Euro-Krise zurückziehen

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Von Hannes Koch

09. Aug. 2013 –

Anderthalb Jahre schrumpfte die Wirtschaftsleistung in Euroland. Immer mehr Menschen verloren ihre Arbeitsplätze. Allmählich deutet sich aber eine Trendwende an. Ganz langsam scheint das Wachstum zurückzukommen – wobei unklar ist, ob nur die Stimmung der Fachleute besser wird, oder auch die reale Lage.

 

Welche Anzeichen geben Hoffnung?

Im Bericht des Internationalen Währungsfonds (IWF) über Griechenland vom Juli zeigen viele Kurven noch immer nach unten. Aufwärts gerichtet sind die Pfeile aber dort, wo Umfragen die Zukunftserwartung der Marktteilnehmer wiedergeben. So sind griechische Manager und Unternehmer heute optimistischer als vor einem Jahr. Ähnlich sieht es in der gesamten Euro-Zone aus, wie das Münchener ifo-Institut berichtet. Liegt die Wirtschaft mit ihrer Einschätzung richtig, werden bald auch Investitionen, Wirtschaftsleistung und Zahl der Arbeitsplätze wachsen. Garantiert ist das aber nicht, denn auch Manager können irren.

 

Welche Daten sprechen für Wachstum?

In Griechenland „nähert sich die Wirtschaft dem Gleichgewicht“, schreibt der IWF. Das Land exportiert mehr, das Defizit in der Leistungsbilanz nimmt deshalb ab. Jedoch schrumpft die Wirtschaft noch immer, und die Arbeitslosigkeit steigt weiter – wenn auch langsamer. In Spanien dagegen ist der Schrumpfungsprozess fast zum Stehen gekommen, im Juli ging sogar die Arbeitslosigkeit zurück, allerdings vom erschreckend hohen Niveau von 26 Prozent. Dort wie auch in Italien könnte die Ökonomie im zweiten Halbjahr 2013 wachsen. Für das gesamte Eurogebiet erwartet das ifo-Institut ein leichtes Wachstum im zweiten, dritten und vierten Quartal diesen Jahres – Tendenz steigend in 2014.

 

Ist das zarte Pflänzchen bedroht?

Ja, die Lage ist labil. Schon kleine Irritationen können die beginnende Erholung wieder zunichte machen. Risiken gibt es genug: So stehen die Regierungen in Griechenland, Italien und Portugal auf schwankendem Boden. In Deutschland prüft das Bundesverfassungsgericht, ob die Europäische Zentralbank mit ihrer Anti-Krisen-Politik nicht ihre Kompetenzen überschreitet. Diese und andere Probleme mögen dazu führen, dass internationale Investoren ihr Kapital erneut aus Europa abziehen, die Zinsen für Staatsanleihen steigen und die Krise zurückkehrt.

 

Kommt Deutschland mit geringen Kosten davon?

Das wird sich nach der Bundestagswahl zeigen. Die Bundesregierung unterdrückt gegenwärtig die Diskussion über einen Schuldenschnitt für Griechenland. Erst am Freitag wies Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) solche Erwägungen zurück. IWF-Chefin Christine Lagarde hält den Schuldenschnitt dagegen für notwendig. Denn wegen der langen, tiefen Wirtschaftskrise steigen die Staatsschulden des Mittelmeerlandes permanent. Zur Zeit liegen sie bei etwa 160 Prozent der Wirtschaftsleistung – wahrscheinlich zuviel, als dass der Staatshaushalt die Belastung durch die Zinsen lange tragen kann. Wenn ein Teil der Schulden annuliert würde, müsste auch Deutschland Bürgschaften für Hilfskredite auszahlen, was Milliarden Euro Kosten verursachte.

 

Ist die Krise bald zu Ende?

Wenn sich die wirtschaftliche Erholung fortsetzt, liegt der Normalzustand in Sichtweite. Allerdings muss Europa noch einige Reformen vollenden, die bisher auf halbem Weg stehen. Dringend notwendig sind beispielsweise eine funktionierende Aufsicht über die Großbanken, ein Verfahren zu ihrer Abwicklung im Notfall und ein Fonds, um die dafür benötigten Mittel aufzubringen. Auch eine gemeinsame Wirtschaftspolitik der Euro-Mitglieder, die Basis für gesunde Staatsfinanzen, steckt bisher in den Kinderschuhen.

 

Welche Aufgaben warten in der Zukunft?

Kaum begonnen wurden Maßnahmen zur Stärkung des Europäischen Parlamentes, die die bessere demokratische Kontrolle der Krisenpolitik ermöglichen. Auch eine gemeinsame Sozialpolitik, die in Wirtschaftskrisen stabilisierend wirken könnte, steht in den Sternen.

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