Exporte und Schulden
Kommentar zum Exportüberschuss von Hannes Koch
13. Nov. 2013 –
Deutschland geht es so gut, dass es uns vielleicht schon zu gut geht. Die Europäische Kommission jedenfalls will nun erstmals prüfen, ob einheimische Unternehmen zu viele Autos, Maschinen und Lebensmittel exportieren. Dieses Jahr wird Deutschland vermutlich um 200 Milliarden Euro mehr Produkte in andere Länder ausführen, als wir von dort importieren. Eigentlich eine gute Sache, sollte man meinen. Was könnte daran problematisch sein?
Jeder Windrotor, jeder VW, jeder Industrieroboter, der hier hergestellt und exportiert wird, schafft vor allem in Deutschland Arbeitsplätze, nicht aber in Frankreich, Spanien oder Italien. Diese Länder bräuchten die Jobs jedoch dringender, weil sie unter Stagnation oder Wirtschaftskrisen leiden. Hinzu kommt: Das Geld, mit dem südeuropäische Unternehmen die deutschen Produkte kaufen, stammt nicht selten aus zu hoher Verschuldung. Unsere Einnahmen sind die Kehrseite der Kredite, mit denen wir Südeuropa finanzieren.
Natürlich ist dieses Argument zugespitzt. Denn schließlich lösen sich die nationalen Grenzen der Volkswirtschaften zunehmend auf. So gehört das spanische Unternehmen Seat zum Volkswagen-Konzern. Ohne die Wirtschaftskraft und Exportstärke der Wolfsburger würden auch die Spanier weniger Fahrzeuge verkaufen – und hätten weniger Arbeitsplätze.
In einer arbeitsteiligen Wirtschaftswelt ist gegen Exporte grundsätzlich auch nichts zu sagen. Deutsche Firmen stellen gute Autos her, USA-Unternehmen begehrte Smartphones. Und schließlich sind die deutschen Exporterfolge auch das Ergebnis harter Arbeit, Forschung und Entwicklung. Die Sozialreformen der vergangenen zehn Jahre, Hartz IV und lange stagnierende Löhne haben ebenfalls einen Beitrag geleistet. Nun erntet Deutschland die Früchte. Anderen Ländern wird das ihn Zukunft ebenfalls wieder gelingen.
Und doch bleibt ein Problem. Die gewaltige Dimension des deutschen Exportüberschusses – immerhin sieben Prozent der Wirtschaftsleistung – lastet drückend auf den schwachen Volkswirtschaften des Südens. Dabei gäbe es einen Weg, der beiden Seiten diente. Deutschland könnte ein paar Milliarden Euro jährlich mehr in die Modernisierung seiner teilweise maroden Verkehrs- und Kommunikationsinfrastruktur stecken. Dieser Schub würde auch zu einer höheren einheimischen Nachfrage nach Produkten des Auslandes führen. Damit sänke der deutsche Exportüberschuss, und dort entstünden Arbeitsplätze – eine gute Lösung für alle.