Fair ist nicht gleich fair
Kakao, Kaffee und T-Shirts aus fairem Handel erfreuen sich bei den Konsumenten zunehmender Beliebtheit. Trotzdem streiten die Händler, wer das richtige Konzept für soziales Wirtschaften verfolgt
04. Nov. 2008 –
Die Organisation Transfair aus Köln kämpft für die soziale Sache. Sie setzt sich dafür ein, dass europäische Händler in der 3. Welt Kakao, Kaffee und Baumwolle zu fairen Preisen einkaufen. Aber selbst gut zu sein, reicht anscheinend nicht. Unter anderem der Bio-Kette Rapunzel und dem Handelskonzern Otto wirft Transfair vor, mit der Bezeichnung „Fairtrade“ Verwirrung zu stiften.
„Sie diffamieren uns“, ärgert sich Barbara Altmann von Rapunzel. Auch Johannes Merck weist die Vorwürfe zurück. Der Leiter der Stiftung „Hilfe durch Handel“, die in Zusammenarbeit mit der Otto-Gruppe das Projekt „Baumwolle aus Afrika“ durchführt, sagt: „Wir wollen gar nicht den Eindruck erwecken, Fairtrade zu betreiben“.
Im Hintergrund der Auseinandersetzung steht der relative Boom, den Fairtrade und sozial verantwortlicher Handel gegenwärtig erleben. 2007 wurden in Deutschland Fairtrade-Waren im Wert von knapp 200 Millionen Euro verkauft, erklärt Transfair. Wenngleich dieses Marktsegment nur eine Nische ausmacht, hat sich der Absatz in den vergangenen vier Jahren doch verdoppelt. Eine zunehmende Anzahl der Verbraucher achtet nicht mehr nur auf den Preis, sondern auch die sozialen und ökologischen Bedingungen, unter denen die Waren hergestellt wurden.
Damit steigt auch die Zahl der Siegel, Label und Marken, die den Konsumenten eine besondere Produktqualität suggerieren. Dies ist für Transfair, eine der ältesten derartigen Organisationen, Anlass, die eigene Bedeutung herauszustreichen.
Im Mittelpunkt der Diskussion steht die Art, wie die Produzenten in Afrika, Asien und Lateinamerika gefördert werden. Transfair nimmt für sich in Anspruch, den armen Bauern feste Preise zu zahlen, die in der Regel über dem niedrigen Niveau des Weltmarktes liegen. Durch den garantierten, höheren Preis will man die Entwicklung in den armen Ländern unterstützen.
Gegen Rapunzel, Otto und andere Handelsorganisationen erklärt Transfair, deren Bedingungen würden den Kriterien des fairen Handels nicht genügen. Unter anderem die Preisgestaltung sei kritikwürdig. „Baumwolle aus Afrika von Otto ist keine ausreichende Initiative“, sagte Transfair-Chef Heinz Fuchs am Dienstag in Berlin.
Rapunzel-Sprecherin Altmann weist dagegen daraufhin, dass ihr Unternehmen „immer über dem Niveau des Weltmarktes bezahle“. Rapunzel wendet freilich teilweise andere Kriterien an, um die Qualität der Produktion zu gewährleisten. Dazu gehört, dass alle Lebensmittel biologisch hergestellt werden – ohne schädlichen Kunstdünger beispielsweise. „Wir machen das anders, aber nicht schlechter“, sagt Altmann. Transfair dagegen vermarktet auch Waren, die nicht biologisch produziert wurden.
Baumwoll-Geschäftsführer Merck räumt ein, dass die Bauern, mit denen sein Projekt zusammenarbeite, nicht besser bezahlt würden als auf Weltmarktniveau. Man unternehme aber den Versuch, die Baumwoll-Produzenten mit Wissen und Beratung zu unterstützen, um die Produktivität ihres Anbaus zu steigern. Außerdem stelle man ihnen eine gesicherte Vermarktung in Europa zur Verfügung.
Jeder der drei Ansätze hat seine Berechtigung. Trotzdem wird es für die Verbraucher allmählich schwer, die Unterschiede zu erkennen. Bessere Informationen der Anbieter sind gefragt. Außerdem keimt zwischen den Organisationen allmählich eine Debatte darüber auf, ob man die zahlreichen Markenzeichen und Siegel nicht vereinheitlichen sollte. „In zehn Jahren gibt es ein gemeinsames Label“, meint Barbara Altmann von Rapunzel. Johannes Merck ist sich da nicht so sicher: „Bio, Fairtrade und unser Baumwoll-Siegel kann man nicht zusammenbringen“.
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