Fantasiearoma statt Frucht
Kunstaromen und viel Zucker: Erfrischungswasser mit Geschmack schmeckt der Stiftung Warentest nicht
25. Apr. 2013 –
Knackig grüne Äpfel, leuchtend rote Erdbeeren oder knallgelbe Zitronen: Die Etiketten von Erfrischungswässern mit Geschmack locken mit leckeren Früchten zum Kauf. Von denen ist in den Flaschen allerdings keine Spur. Anstelle gibt es Kunstaromen, und fast überall ist reichlich Zucker drin. Manchmal trinken Verbraucher zudem giftiges Benzol mit. Mit „sehr gut“ oder „gut“ schneidet deshalb kein einziges der 25 von der Stiftung Warentest analysierten Trendgetränke ab. Maximal gibt es die Note „befriedigend“.
Verbrauchertäuschung werfen die Warentester den Erfrischungswasser-Produzenten vor. Werben doch 20 der 25 Wässer im Test mit frischen, reifen Früchten, obwohl diese gar nicht enthalten sind. Volle Frucht, nennenswert Fruchtsaft oder Fruchtmark enthält kein einziges der untersuchten Getränke. „Stattdessen setzen die Hersteller Aromen zu, die Flavoristen im Labor kreiert haben“, sagt Antita Stocker, Chefredakteurin der hauseigenen Zeitschrift test. „Statt der leckeren Früchte müssten die Hersteller eigentlich ein Reagenzglas abbilden.“
Verboten ist die Werbemasche nicht. Allerdings hat sich die deutsche Lebensmittelbranche strikte Regeln auferlegt. „Naturgetreue Abbildungen von Früchten oder Pflanzenteilen werden nur dann verwendet, wenn Fruchtsaft und/oder Fruchtmark enthalten sind“, heißt es in den Leitsätzen für Erfrischungsgetränke außer Limonaden. Lediglich Aldi Nord (Quellbrunn plus Apfel/ plus Erdbeer) Lidl (Saskia Boneau Apfel Geschmack/ Boneau Erdbeer Geschmack) und Adelholzer (Active O2 Cherry) halten sich an diese Abmachung.
Häufig fanden die Tester zudem Werbesprüche wie „kalorienarm“ oder „wenig Kalorien“ auf den Etiketten. Für figurbewusste Verbraucher sind die aromatisierten Getränke dennoch nichts. „Die meisten Wässer sind keineswegs kalorienarm, wie die Aufmachung vermuten lässt“, kritisiert Stocker. 23 von 25 Produkten enthielten Zucker – zum Teil ordentlich. „Wer zum Beispiel eine ganze 1,5-Liter-Flasche Hella Erdbeere trinkt“, rechnet die Redakteurin vor, „nimmt gut 70 Gramm Zucker zu sich – das entspricht etwa 23 Zuckerwürfeln.“
Weil der NDR in seiner Sendung „Markt“ vor kurzem über eine eigens in Auftrag gegebene Studie berichtete, die giftiges Benzol in Erfrischungsgetränken ans Licht brachte, ließ die Stiftung Warentest auch einige ihre Wässer auf den krebserregenden Stoff prüfen. Das Ergebnis: In vier von fünf Fällen wurden die Chemiker fündig. Bis zu drei Mikrogramm pro Liter Benzol steckte in den Flaschen. Bis zu 6,8 Mikrogramm pro Liter fand der NDR.
Grund zur Beunruhigung sind die Funde dennoch nicht. Als „eher reißerisch“ bezeichnet eine Sprecherin des Bundesinstituts für Risikoforschung (BfR) die NDR-Berichterstattung. Man habe versäumt, darauf hinzuweisen, dass der Mensch auch über die Atemluft Benzol aufnimmt – Nichtraucher bis zu 100 Mikrogramm, Raucher mehrere hundert Mikrogramm pro Tag. Im Vergleich dazu seien die Mengen, die aus dem Konsum von Getränken resultierten, gering. Nichtsdestotrotz sei Benzol in Getränken aber unerwünscht. Ein Grenzwert für Lebensmittel existiert im Übrigen nicht. Im Trinkwasser darf maximal ein Mikrogramm Benzol pro Liter enthalten sein.
Sämtliche Testergebnisse können in der Mai-Ausgabe der Zeitschrift test oder kostenpflichtig im Internet unter www.test.de nachgelesen werden.