Fiskalischer Egoismus

Kommentar zum Bundeshaushalt von Hannes Koch

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Von Hannes Koch

26. Jun. 2015 –

Schön für Deutschland: Fast schon alltäglich ist es mittlerweile, dass der Bundesfinanzminister keine neuen Schulden mehr aufnehmen muss. Im Gegenteil: Wolfgang Schäuble, dessen Ministerium am Freitag den Haushaltsentwurf für 2016 präsentierte, schwimmt im Geld. Die Ausgaben sollen in den kommenden Jahren um gut 30 Milliarden Euro steigen, und trotzdem bleibt der Etat ausgeglichen. Diese vorteilhafte Entwicklung beruht nicht zuletzt auf einer Mischung aus harten Reformen in der Vergangenheit (Hartz IV), günstigen weltwirtschaftlichen Rahmenbedingungen (niedriger Euro-Kurs) und Glück.

 

Darüber kann man sich freuen, sollte aber nicht großspurig werden. Die blendende Lage in Deutschland könnte auch die Krise um Griechenland in einem anderen Licht erscheinen lassen. Wie wäre es mit etwas Großzügigkeit anstatt Härte? Die Griechen mit ein paar Milliarden Euro mehr pro Jahr zu unterstützen, können wir uns aus der Portokasse leisten. Mit etwas politischem Willen ließe sich ein Weg finden. Er bestünde darin, den Fehlbetrag im griechischen Staatshaushalt von außen zu decken, das laufende Hilfsprogramm damit zu einem guten Abschluss zu bringen und im nächsten Schritt eine Kombination aus Schuldenschnitt, sowie Modernisierung der griechischen Wirtschaft und Institutionen zu vereinbaren. Das wäre der europäische Normalfall. Die Einigung des Kontinents hatte immer auch den Sinn, die Wohlstandsunterschiede zwischen reichen und armen Staaten zu verringern.

 

Aber Schäuble scheint nicht nach Vernunft und Milde zumute. Er und auch Kanzlerin Angela Merkel beharren auf ihren Prinzipien. Der griechische Staatshaushalt soll weiter gekürzt werden, auch wenn das die soziale, ökonomische und politische Lage dort verschärft. Angesichts der angenehmen Verhältnisse hierzulande muss man dieses Verhalten des Bundesfinanzministers schlicht als fiskalischen Egoismus bezeichnen.

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