Fluggäste bekommen Schlichtungsstelle

Bundeskabinett will Ombudsmann einsetzen lassen / Verbraucherschützer bemängeln Mogelpackung

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Von Wolfgang Mulke

03. Jul. 2012 –

Flugpassagiere können bei Ärger mit ihrer Airline bald eine Schlichtungsstelle anrufen. Ein Gerichtsverfahren gegen die Fluggesellschaft aufgrund von Streitigkeiten um vergleichsweise kleine Beträge soll den Kunden damit künftig erspart bleiben. Dies sieht ein Gesetzentwurf des Bundesjustizministeriums vor, den das Bundeskabinett heute beschließen will.


Wann der Ombudsmann seine Arbeit aufnimmt, ist noch ungewiss. Zunächst muss das Gesetz noch den Bundestag passieren. Dann richtet der Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL) die Stelle ein. In dieser Organisation sind die meisten wichtigen Fluggesellschaften Mitglied, die sich damit auch dem Schlichtungsverfahren stellen. Zwei großen Unternehmen bleiben jedoch draußen. Ryanair und Easyjet, die beide nach Erfahrungen von Verbraucherschützern besonders häufig zur Beschwerde Anlass geben, lehnen die Einrichtung ab. Dagegen sind mit der Lufthansa und Air Berlin die beiden größten Unternehmen der Branche in Deutschland dabei.


Das ist einer der wichtigen Kritikpunkte an dem Gesetz, dass nach jahrelangen Verhandlungen zwischen der Regierung und der Branche zustande kommt und inhaltlich wesentlich von den Unternehmen mit geschrieben wurde. „Damit alle Verbraucher zu ihrem Recht kommen, muss die ganze Branche mitmachen“, verlangt der Chef des Bundesverbands der Verbraucherzentralen, Gerd Billen. Doch dies bleibt vorerst ein Wunsch. Denn das Justizministerium beharrt auf einer freiwilligen Teilnahme an dem Verfahren. Das Gesetz sieht allerdings eine behördliche Schlichtung für Streitfälle vor, in denen sich die Airlines der freiwilligen Vermittlung verweigern.


Grundsätzlich sollen die Schlichter für Auseinandersetzungen mit einem Streitwert von bis zu 5.000 Euro zwischen den beteiligten Parteien vermitteln. Unklar ist noch, ob sich Fluggäste tatsächlich mit allen üblichen Konflikten an die Stelle wenden können. Geregelt werden zum Beispiel Entschädigungen wegen Flugausfällen oder bei überbuchten Maschinen. Auch mit Schadenersatzansprüchen wegen verschwundener Gepäckstücke oder Schäden am Koffer oder Rucksack dürfen die Passagiere sich an den Ombudsmann wenden, sofern sie sich nicht schon vorher mit der Airline über einen Ausgleich verständigen können.


Im Gesetzestext sind jedoch nur bestimmte Fälle für die Schlichtung konkret benannt. Andere, durchaus häufige Ärgernisse, werden nicht erwähnt oder gar ausdrücklich ausgeschlossen. So haben Geschäftsreisende und Pauschalreisende nichts von dem Verfahren. Auch fehlerhafte Internetbuchungen, Stornogebühren oder Hürden beim flexiblen Einsatz von Hin- und Rückflügen bleiben nach Angaben des vzbv unberücksichtigt. Dagegen hatte der BDL angekündigt, dass die Schlichter auch über die konkret beschriebenen Fälle hinaus im Sinne der Fluggäste tätig werden können.


Sinnvoll ist das außergerichtliche Einigungsverfahren allemal. Seitdem die Fluggastrechte aus dem Jahr 2005 in Kraft sind, leitete das Luftfahrt-Bundesamt mehr als 5.000 Bußgeldverfahren gegen Fluggesellschaften ein. In den letzten Jahren stieg die Zahl der Verfahren stark an. Doch das Amt nutzt den betroffenen Passagieren selbst wenig. Die Behörde geht nur gegen die Ordnungswidrigkeiten vor. Ansprüche muss jeder Kunde selbst gerichtlich durchsetzen. Das Justizministerium hofft nun auf eine deutliche Entlastung der Gerichte.


Ursprünglich wollte die Bundesregierung deutlich weiter gehen. Die Luftfahrtunternehmen sollten sich der bereits bestehenden Schlichtungsstelle für den Verkehr anschließen, an die sich zum Beispiel die Bahnkunden wenden können. Doch da wollten die Airlines nicht mitspielen. Nun hofft die Regierung auf die Sogwirkung eines erfolgreichen Verfahrens auf die außen stehenden Gesellschaften. Die Zeit läuft in dieser Frage ohnehin gegen die Fluggesellschaften. Denn im kommenden Jahr wird die EU Regeln für die außergerichtlichen Streitvermittler erlassen. Dann müssen alle Unternehmen mitziehen.


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